FAQ: Mobbing am Arbeitsplatz
Mobbing am Arbeitsplatz bezeichnet wiederholte und systematische Schikanen gegenüber einem oder mehreren Mitarbeitern, die in aller Regel über einen längeren Zeitraum verlaufen. So kann sich Mobbing Am Arbeitsplatz durch den Chef (sogenanntes Bossing) oder unter Kollegen beispielsweise in Form von verbalen Beleidigungen, Belästigungen, Androhungen oder sogenanntem Cybermobbing ereignen.
Mobbing auf der Arbeit selbst stellt keine Straftat dar. Allerdings können die Schikanen, denen Betroffene ausgesetzt sind, strafbar sein und Straftatbestände wie etwa Beleidigung (§ 185 StGB), Körperverletzung (§ 223 StGB), Nötigung (§ 240 StGB) Bedrohung (§ 241 StGB) oder auch sexuelle Belästigung (§ 184i StGB) erfüllen.
Personen, die von Mobbing durch Arbeitgeber oder Kollegen betroffen sind, können sich durch folgende rechtliche Maßnahmen wehren: Sie können auf ihr Beschwerderecht zurückgreifen, Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche geltend machen, das Leistungsverweigerungsrecht ausüben, eine außerordentliche Eigenkündigung einreichen oder einen Aufhebungsvertrag erwirken. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche gemäß § 823 Bürgerliches (BGB) Gesetzbuch geltend zu machen. Weitere Informationen zu den juristischen Maßnahmen gegen Mobbing erhalten Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?
Mobbing am Arbeitsplatz wird als konfliktbelastete Kommunikation unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzen und Angestellten definiert. Mobbing, das vom Chef ausgeht, wird diesbezüglich auch als Bossing bezeichnet.
In diesem zeichnet sich Mobbing am Arbeitsplatz durch Kollegen oder Vorgesetzte etwa dadurch aus, dass
- eine oder mehrere Personen über einen längeren Zeitraum systematisch direkt oder indirekt mit der Absicht angegriffen werden, damit sie das Unternehmen verlassen,
- und das oder die Opfer das Mobbing als Diskriminierung erleben.
In einem Urteil (AZR 14/96, NZA 1997,781) aus dem Jahr 1997, definierte das Bundesarbeitsgericht (BA) Mobbing am Arbeitsplatz unter Kollegen oder durch Vorgesetzte folgendermaßen:
Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte. Es wird begünstigt durch Streßsituationen am Arbeitsplatz, deren Ursachen u.a. in einer Über- oder Unterforderung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen, in der Arbeitsorganisation oder im Verhalten von Vorgesetzten liegen können.
(BAG, AZR 14/96, NZA 1997,781 vom 15. Januar 1997)
Mobbing am Arbeitsplatz: Beispiele
Mobbing vom Chef oder unter Kollegen kann sich unter den oben aufgeführten Gesichtspunkten auf verschiedenste Art und Weise äußern. Mögliche Erscheinungsformen sind beispielsweise
- Üble Nachrede am Arbeitsplatz: Hierzu zählen jegliche Attacken auf die soziale Integration der Betroffenen. Dies äußert sich zum Beispiel in Form von beleidigenden und abwertenden Kommentare, die oft wiederholt werden oder Gerüchte, die über das Opfer verbreitet werden. Die Äußerungen können sowohl vor als auch hinter dem Rücken des Opfer als als Cybermobbing über digitale Kommunikationsmedien (bspw. Instant Messanger oder firmeninterne E-Mails) erfolgen.
- Professionelle Sabotage: Betroffenen werden Informationen oder Ähnliches vorenthalten, die für eine ordnungsgemäße Ausführung der Arbeit notwendig sind. In diesem Zusammenhang kann es auch vorkommen, dass Betroffenen Fehler oder Misserfolge unberechtigterweise zugeschrieben werden.
- Soziale Isolation: Die von Mobbing bei der Arbeit betroffene Person wird systematisch aus Kommunikationen und sozialen Aktivitäten am Arbeitsplatz ausgeschlossen. Dies kann etwa durch Nicht-Einladung zu Meetings oder Betriebsausflügen geschehen.
- Übermäßige destruktive Kritik: Betroffene sehen sich einer ständigen sowie übertriebenen bzw. ungerechtfertigten Kritik gegenüber. Die Kritik wird zudem selbst dann geäußert, wenn die Arbeit des Opfers objektiv betrachtet als gut gewertet werden kann.
- Angriffe gegen die körperliche Unversehrtheit und die Gesundheit:, Dies umfasst die Androhung von Gewalt, Gewaltanwendung, sexuelle Belästigung oder das Herbeiführen von gesundheitlichen Beeinträchtigungen (bspw. durch Tabakrauch oder laute Beschallung an der Arbeitsstätte der betroffenen Person).
Die hier aufgeführten Beispiele für Mobbing im Büro sind nicht abschließend. Menschen, die das Verhalten Ihrer Kollegen oder Ihrer Vorgesetztes als Schikane empfinden und darunter leiden, sollten sich unverzüglich Hilfe bei Mobbing am Arbeitsplatz suchen. Diesbezüglich können Betroffenen sich an professionelle Hilfestellen im Internet (bspw. Arbeitnehmerhilfe e.V.) oder an Telefonhotlines wenden. Frauen, von Mobbing auf der Arbeit betroffen sind, können sich zudem durch Hilfetelefon Gewalt gegen Frau Hilfe suchen.
Darüber hinaus können Betroffen bei Mobbing am Arbeitsplatz rechtliche Schritte einleiten und diesbezüglich von einem Anwalt für Arbeitsrecht konsultieren (s.u.).
Mobbing am Arbeitsplatz: Was sagt das Arbeitsschutzgesetz?
Im Arbeitsrecht wird Mobbing am Arbeitsplatz nicht durch ein Mobbing-Schutzgesetzt geregelt wie es in Frankreich oder Schweden der Fall ist. Dennoch definiert das Arbeitsschutzgesetz (AGG) Mobbing durch Kollegen oder Arbeitgeber als psychische Gefahr für betroffene. Dadurch ergeben sich mögliche Schutz und Maßnahmen gegen Mobbing im Büro aus dem Arbeitsschutzgesetz, da Arbeitgeber verpflichtet sind, ihre Angestellten vor arbeitsbedingten Gefahren für die Gesundheit zu schützen und auf eine menschwürdige Arbeitsumgebung zu achten. Dies umfasst ebenfalls den Schutz vor psychischen Belastungen.
Weiterhin definiert das deutsche Strafrecht Mobbing selbst nicht als Straftat. Allerdings können die jeweiligen Handlungen, die mit dem Mobbing auf der Arbeit einhergehen, durchaus Straftatbestände wie Bedrohung (§ 241 StGB) , Beleidigung (§ 185 StGB), Körperverletzung (§ 223 StGB), Nötigung (§ 240 StGB) Bedrohung (§ 241 StGB) oder auch sexuelle Belästigung (§ 184i StGB) erfüllen und demgemäß juristisch geahndet werden.
Mobbing auf der Arbeit: Wann muss der Arbeitgeber einschreiten?
Der Arbeitgeber hat laut §3 Abs. 3 AGG die Pflicht, Maßnahmen gegen die Benachteiligung einzelner Angestellter zu treffen. In diesem Sinne ist es sinnvoll, Maßnahmen gegen Mobbing am Arbeitsplatz strukturell auf mehreren Unternehmensebenen zu integrieren:
- Auf der organisatorischen Ebene empfiehlt sich beispielsweise ein Führungstraining zum Umgang mit Mobbing.
- Auf der Teamebene können sich Angebote zur Förderung von Konfliktlösungsstrategien gegen Mobbing unter Kollegen bewähren.
- Auf der individuellen Ebene werden Training zur Entspannung und Stressbewältigung empfohlen. Daneben sollen kompetente Ansprechpartner für Fälle von Mobbing am Arbeitsplatz zur Verfügung stehen.
Maßnahmen gegen Mobbing am Arbeitsplatz: Welche Rechte zur Gegenwehr haben Betroffene
Die Rechte von Arbeitnehmenden, die unter Mobbing auf der Arbeit litten, wurden in den letzten Jahr zunehmend durch Gerichtsurteile gestärkt (s.u.). Betroffene können verschiedene juristische Maßnahmen ergreifen, um sich gegen Mobbing durch den Arbeitgeber oder durch Kollegen zur Wehr zu setzen. Hierzu zählen beispielsweise
- das Beschwerderecht,
- Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche,
- das Leistungsverweigerungsrecht,
- die Erwirkung einer außerordentliche Kündigung wegen Mobbing sowie
- eine außerordentliche Eigenkündigung,
- den Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder
- Schadensersatzansprüche gemäß § 823 BGB.
Wie gestaltet sich das Beschwerderecht bei Mobbing am Arbeitsplatz?
Laut § 84 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) haben Arbeitnehmende, die in Betrieben tätig sind, die privatem Recht unterstehen, die Möglichkeit, bei der für Mobbing zuständigen Stellen Beschwerde einzureichen, wenn sie sich von anderen Arbeitnehmenden oder vom Arbeitgeber selbst gemobbt werden. Diese Recht besteht unabhängig davon, ob ein Betriebsrat im Unternehmen existiert oder nicht. Die Beschwerde gegen Mobbing bedarf keiner Form oder Frist.
Im Zweifelsfall ist der direkte Vorgesetzte zuständig. Sollte die Beschwerde gegen Mobbing am Arbeitsplatz erfolglos gewesen sein, können sich Betroffene unmittelbar an den Arbeitgeber wenden. Betroffene können ein Mitglied des Betriebsrat oder eine Person Ihres Vertrauens zur Sache hinzuziehen ( vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG).
Existiert ein Betriebsrat, können Betroffene diesen einschalten. Der Betriebsrat ist dazu verpflichtet, jede Beschwerde über Mobbing am Arbeitsplatz entgegenzunehmen. Sollte er die Beschwerde als berechtigt erachten, muss der Betriebsrat beim Arbeitgeber Abhilfe erwirken (vgl.§ 85 Abs. 1 BetrVG). Arbeitnehmer können einen durchsetzbare, vor dem Arbeitsgericht (AG) einklagbaren Anspruch auf Abhilfe erlangen, wenn der Arbeitgeber die Beschwerde eigenständig oder wegen dem Betriebsrat anerkennt. Gibt es im Betrieb Gleichstellungs- oder Frauenbeauftrage, können auch diese hinzugezogen werden.
Im öffentlichen Dienst ergibt sich das Beschwerderecht gegenüber dem Personalrat entweder durch § 68 Abs. 1 Nr. 3 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) oder aus den entsprechenden Bestimmungen des Landespersonalvertretungsgesetze. Ist ein schwerbehinderter Arbeitnehmer von Mobbing am Arbeitsplatz betroffen, kann auch die Schwerbehindertenvertretung eingeschaltet werden.
Mobbing am Arbeitsplatz: Beispiele aus der Rechtsprechung
Mitarbeitern, die Kollegen mobben, können – je nach Schwere der Handlungen bzw. des zugefügten Schadens- eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung drohen. Dies entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Tübingen in einem Urteil vom 5.02.20002 (Az. 5 Sa 102/00). Zudem entschied das LAG Schleswig-Holstein in einem Fall sexueller Belästigung, dass die Kündigung wegen Mobbing auch dann erfolgen könne, wenn der kündigungsrelevante Vorfall beinahe zehn Jahre zurückliege und die betroffene Mitarbeiterin ihrer Vorgesetzten mit Bitte um Vertraulichkeit eingeweiht habe (Urteil Az. 2 Sa 235/15 vom 10.11.2015 ).
Urteilen des BAG (Urteil Az. 8 AZR 351/15 vom 15.09.2017), des LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil Az. 3 Sa 219/19 vom 10.06.2020) und des LAG Rheinland-Pfalz (Urteil Az. 6 Sa 415/01 vom 16.08.2001) zufolge, haben Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz grundsätzlich Anspruch auf Schmerzensgeld, insofern keine andere Form der Wiedergutmachung möglich ist.
Das LAG Thüringen (Urteil Az. 5 Sa 403/00 vom 10.04.2001) entschied, dass Arbeitgeber die Pflicht haben, das allgemeine Persönlichkeitsrecht Angestellter zu schützen. Eine Beschäftigung, die nicht arbeitsvertragsgemäß ist, kann eine Verletzung dieses Rechts darstellen; die betroffene Person kann sich durch eine einstweilige Verfügung wehren.
Gemäß eines Urteils des BAG ( Az.5 AZR 325/99) vom 21.03.2001 gilt für Schwangere ein Beschäftigungsverbot, wenn diese nachweislich von Mobbing am Arbeitsplatz betroffen sind. Der Nachweis muss durch von der Betroffene erbracht werden.
Quellen und weiterführende Links
- Bundesarbeitsgericht: Beschluss über Beschwerde vom 15. Januar 1997, 7 ABR 14/96 - Erforderlichkeit einer Betriebsratsschulung zum Thema "Mobbing".
- Bundesarbeitsgericht: "Mobbing" - Auslegung von Klageanträgen - Ersatz des materiellen Schadens - Entschädigung - Gesundheitsverletzung - Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - vermögenswerter Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts - ideeller Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Urteil v. 15.09.2016 - 8 AZR 351/15).
- Bundesarbeitsgericht: Beschäftigungsverbot (Urteil v. 21.03.2001 –5 AZR 352/99).
- Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Schadensersatz wegen Mobbing - Persönlichkeitsrechtsverletzung - Verletzung der Gesundheit - Fürsorgepflichten des Arbeitgebers - Konflikte am Arbeitsplatz (Urteil v. 10.06.2020 – 3 Sa 219/19).
- Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Mobbing-Verhalten; Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Mobbing; Berechnungsmaßstab und Höhe des Schmerzensgeldes; Behinderter Arbeitnehmer (Urteil. v. 16.08.2001 – Az.: 6 Sa 415/01).
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein: Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung (Urteil v. 10.11.2015 – 2 Sa 235/15).
- Landesarbeitsgericht Thüringen: Rechtschutz gegen Mobbing; Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung durch Mobbing; Recht auf Achtung der Würde und der freien Entfaltung der Persönlichkeit; Achtung der Persönlichkeitsrechte von Arbeitskollegen; Inanspruchnahme des Arbeitgebers auf Schadensersatz wegen Verletzung von Organisations- und Schutzpflichten; Störung des Betriebsfriedens (Urteil v. 15.02.2001, Az.: 5 Sa 102/00).
- Landesarbeitsgericht Thüringen: Inanspruchnahme eines Arbeitgebers auf Schadensersatz wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines Arbeitnehmers ; Rechtschutz gegen Mobbing; Verletzung von Organisations- und Schutzpflichten; Vollziehung von Unterlassungstiteln; Erledigung einer auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung (Urteil v. 10.04.2001 – Az.: 5 Sa 403/00).
Jürgen K. sagt
Guten Abend. Ich würde gerne gegen meinen Vorgesetzten Strafantrag stellen aufgrund verbalem Anschreien und Mobbing. Ich würde in seinem Büro nach einer weiteren verbalen Attacke und Beleidigungen ohnmächtig und musste am 10 April durch den Notarzt ins Krankenhaus eingeliefert werden. Einen Herzschrittmacher bekam ich dort auch.Seit dem bin ich arbeitsunfähig geschrieben. So wie es aussieht unternimmt der Bürgermeister nichts gegen meinen Vorgesetzten. Der Personalrat und die Rechtsberatung von Verdi ist informiert. Mein Vorgesetzter ist doch keiner Schuld bewusst. Er ist der Meinung dass alles was passiert ist,ich mir selbst zuzuschreiben habe. Dabei hat mein Fachbereichsleiter ganz klar Grenzen überschritten. Schade dass dieser Mensch einfach so davon kommt.