Wenn das Gericht einen Straftäter wegen seiner Tat verurteilt, kann es ihm unter bestimmten Voraussetzungen auch die Fahrerlaubnis entziehen. Diese Möglichkeit ist in § 69 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Nebenstrafe wie bei einem Fahrverbot nach § 44 StGB, sondern um eine Maßregel der Sicherung und Besserung.
In diesem Ratgeber erläutern wir, unter welchen Bedingungen die Entziehung möglich ist und worin sich diese Maßregel von Maßnahmen nach § 44 StGB und § 111a StPO unterscheidet.
Inhaltsverzeichnis
FAQ: § 69 Strafgesetzbuch (StGB)
§ 69 StGB erlaubt es dem Gericht, verurteilten Straftätern die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sie eine Straftat „im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges“ begangen haben und sich dadurch als ungeeignet erweisen, ein Kfz zu führen. Bei einer einfachen Körperverletzung, z. B. während einer Prügelei kommt eine solche Maßnahme dagegen nicht in Betracht.
Nein, das ist keine Nebenstrafe im Sinne der Strafzumessung, die zusätzlich zur Freiheitsstrafe oder Geldstrafe verhängt wird. Die oben benannte Vorschrift beinhaltet eine Maßregel, mit der die Allgemeinheit vor Straftätern geschützt werden soll, die im Straßenverkehr gefährlich werden könnten.
Entzug der Fahrerlaubnis laut StGB als Maßregel
Wer eine Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begeht oder wer bei einer solchen Tat die Pflichten eines Kfz-Führers verletzt, muss damit rechnen, dass ihm das Gericht im Falle seiner Verurteilung auch die Fahrerlaubnis entzieht.
Diese in § 69 StGB vorgesehene Entziehung der Fahrerlaubnis soll die Sicherheit im Straßenverkehr schützen. Sie stellt keine Nebenstrafe dar, sondern eine Maßregel der Sicherung und Besserung. Deshalb ist auch nicht die Schwere der Schuld ausschlaggebend dafür, ob und für wie lange das Strafgericht die Fahrerlaubnis entzieht, sondern allein die Ungeeignetheit des Täters.
Die Bedingungen, unter denen das Gericht die Fahrerlaubnis entziehen darf, sind im StGB in § 69 beschrieben:
- Jemand wird wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt oder nur aufgrund seiner (nicht auszuschließenden) Schuldunfähigkeit nicht verurteilt.
- Die Straftat steht in einem engen Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs.
- Aus der Tat ergibt sich, dass der Täter ungeeignet ist, Kraftfahrzeuge zu führen.
Verkehrsspezifischer Zusammenhang und Ungeeignetheit im Sinne des § 69 StGB
§ 69 Abs. 1 StGB verlangt für eine Entziehung der Fahrerlaubnis zunächst, dass der Täter seine Tat „bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat“. Es muss also ein enger Zusammenhang zwischen der Straftat und dem Straßenverkehr bestehen.
In der Praxis sind hier vor allem die in § 69 Abs. 2 StGB benannten typischen Verkehrsdelikte relevant:
- Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c StGB
- illegale Kraftfahrzeugrennen nach § 315d StGB
- Trunkenheit im Straßenverkehr laut § 316 StGB
- Unfallflucht nach § 142 StGB
- Vollrausch nach § 323a StGB, wenn der Täter in diesem Zustand eine der vorbenannten Taten begeht
Das Fahren ohne Fahrerlaubnis stellt ebenfalls eine typische Verkehrsstraftat dar, auch wenn sie nicht in der gesetzlichen Aufzählung auftaucht. Vor allem wenn jemand häufig und nach einem gerichtlichen Fahrerlaubnisentzug ein Kraftfahrzeug fährt, spricht dies dafür die fehlende charakterliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen.
Hat der Täter eine der benannten Verkehrsstraftaten begangen, so gilt er normalerweise als nicht geeignet, ein Kraftfahrzeug zu führen. Etwas schwieriger wird die Beurteilung der Ungeeignetheit, wenn der Täter sein Fahrzeug für andere kriminelle Zwecke benutzt hat, z. B.:
- als Drogenkurier zum Transport von illegalem Rauschgift
- für die Entführung seines Opfers
Der Bundesgerichtshof (BGH) verlangt für eine Ungeeignetheit im Sinne des § 69 StGB, dass das Strafgericht belastbare Rückschlüsse von dieser Tat darauf ziehen darf, dass der Straftäter bereit ist, seine persönlichen kriminellen Interessen über die Sicherheit des Straßenverkehrs zu stellen (z. B. BGHSt 50, 93, 102 f.).
Rechtliche Folgen einer Entziehung nach § 69 StGB für den Betroffenen
Für den Täter hat die Maßregel des § 69 StGB weitreichendere Folgen als ein bloßes Fahrverbot im Sinne des § 44 StGB, welches das Gericht als Nebenstrafe aussprechen kann:
- Das Gericht spricht die Entziehung der Fahrerlaubnis im Urteil aus und ordnet damit auch die Einziehung des Führerscheins an.
- Die Fahrerlaubnis erlischt, sobald das Urteil rechtskräftig wird.
- Laut §§ 69, 69a StGB bestimmt das Gericht mit der Entziehung eine Sperrfrist zwischen sechs Monaten und fünf Jahren, innerhalb der die Fahrerlaubnisbehörde dem Verurteilten keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf.
- Eine weitere Konsequenz der Entziehung der Fahrerlaubnis mit Sperre gemäß §§ 69, 69a StGB ist die MPU, insbesondere nach der Verurteilung wegen einer (wiederholten) Trunkenheitsfahrt. Möchte der Betroffene eine neue Fahrerlaubnis beantragen, kann die Verkehrsbehörde eine solche medizinisch-psychologische Untersuchung anordnen, um sich von dessen Fahreignung zu überzeugen.
Bei einem nach § 44 StGB angeordneten Fahrverbot bleibt die Fahrerlaubnis bestehen. Der Betroffene darf aber während des Fahrverbots nicht fahren.
Unterschied zwischen § 111a StPO und § 69 StGB
§ 111a StPO regelt die vorläufige und § 69 StGB die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis. Das Gericht entzieht die Fahrerlaubnis vorläufig, …
- wenn wegen einer Verkehrsstraftat gegen jemanden ermittelt wird und
- die Wahrscheinlichkeit einer späteren Verurteilung und eines endgültigen Fahrerlaubnisentzugs hoch ist.
Später berücksichtigt das Gericht die Zeit des vorläufigen Entzugs bei der Verhängung der Sperrfrist nach § 69a StGB.
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