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Körperverletzung durch Unterlassen – Ist das überhaupt möglich?

Von Koerperverletzung.com, letzte Aktualisierung am: 20. November 2020

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Körperverletzung durch Unterlassen: Gemeint ist nicht einfach bloßes "Nichtstun".
Körperverletzung durch Unterlassen: Gemeint ist nicht einfach bloßes “Nichtstun”.

Ein wesentlicher Irrtum, dem die meisten Personen gerne aufsitzen: Unterlassen bedeutet nicht einfach nur bloßes “Nichtstun”, sondern ist stets zu beziehen auf eine bestimmte Handlung. Dadurch meint Unterlassen eher “etwas nicht tun”.

Neben der unterlassenen Hilfeleistung (§ 323c StGB), aufgrund derer alle Personen mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen, gibt es auch Personengruppen, bei denen das Unterlassen einer Handlung weit schwerer wiegen kann: die “Garanten”.

Diese haben eine besondere Verpflichtung gegenüber anderen Personen. Das Unterlassen einer Hilfe kann dann nicht nur nach § 323c Strafgesetzbuch (StGB) strafbar sein, sondern der Tathandlung selbst gleichkommen.

Doch wann handelt es sich um Begehen durch Unterlassen? Wer ist eigentlich Garant? Und wann kann es sich um eine Körperverletzung durch Unterlassen handeln? Dies und mehr erfahren Sie im Folgenden.

Inhaltsverzeichnis

  • Wann ist eine Person Garant gegenüber einer anderen Person?
    • Begehen einer Tat durch Unterlassen (§ 13 StGB)
  • Welche Körperverletzung ist durch Unterlassen begehbar?
    • Das Strafmaß für den Unterlassenden im Falle zuzusprechender Fahrlässigkeit
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Wann ist eine Person Garant gegenüber einer anderen Person?

Es gibt unterschiedliche Personenkreise, die aufgrund ihrer beruflichen Stellung oder aber der natürlichen Beziehung anderen Menschen gegenüber besonders zur Fürsorge verpflichtet sind. Hierzu können folgende Gruppierungen zählen:

  • durch berufliche Verpflichtung (Polizeibeamte, Ärzte, Rettungsdienste, Feuerwehr usf.)
  • familiäre Fürsorgepflicht – auch innerhalb eheähnlicher Gemeinschaften (Eltern für die eigenen Kinder, Ehegatten füreinander usf.)
  • Verpflichtung in einer Gefahrengemeinschaft (Bergsteiger, Skifahrer usf.)
  • frewillige Übernahme der Fürsorge und Aufsicht über bestimmte Personengruppen (Pflegepersonal, Rettungsschwimmer, Kindergärtner usf.)
  • Täter gegenüber dem Opfer

Unterlässt eine Person, die sich aufgrund einer der oben genannten Konstellationen in einer Garantenstellung gegenüber einer anderen Person oder hinsichtlich allgemeiner Rechtsgüter (körperliche Unversehrtheit u.a.) befindet, eine Handlung – Hilfeleistung, Einschreiten usf. – ist nicht mehr nur eine unterlassene Hilfeleistung anzuerkennen. Vielmehr kann es sich um den schwerer wiegenden Aspekt des Begehens durch Unterlassen nach § 13 StGB handeln.

Ein Garant hat entgegen dem “Durchschnittsbürger” eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber einzelnen Personengruppen oder Rechtsgütern. Er muss nicht nur nach erlittenem Schaden Hilfe leisten, sondern ist rechtlich bereits dazu verpflichtet, den Eintritt des Taterfolgs zu verhindern. Er soll also ermöglichen, dass z. B. eine gefährliche Körperverletzung gar nicht erst von Erfolg gekrönt ist – und es stattdessen nur bei dem Versuch bleibt.

Begehen einer Tat durch Unterlassen (§ 13 StGB)

Körperverletzung bzw. Begehen durch Unterlassen setzt eine Garantenstellung voraus - wie z. B. bei Eltern und deren Kindern.
Körperverletzung bzw. Begehen durch Unterlassen setzt eine Garantenstellung voraus – wie z. B. bei Eltern und deren Kindern.

Versucht ein Garant nun nicht, eine mögliche Gesundheitsschädigung zu vermeiden, obwohl ihm dies zumutbar und möglich gewesen wäre, kann ihm Begehen durch Unterlassen vorgeworfen werden.

Dabei kann der Garant dem Täter selbst gleichgestellt werden, da er gewissermaßen mangels Vereitelung der Tat Beihilfe durch Unterlassen leistet – gewissermaßen Mittäter wird. Allerdings muss dem Garanten in einem entsprechenden Fall nachzuweisen sein, dass das Eingreifen generell “zumutbar” und potentiell “erfolgversprechend” hinsichtlich der Tat- bzw. Schadensabwendung gewesen wäre.

Das Strafmaß richtet sich in einem solchen Fall in aller Regel nach dem zugrunde liegenden Straftatbestand und nicht mehr nur nach den Bestimmungen zur unterlassenen Hilfeleistung. Eine mildere Ahndung ist nach § 13 Absatz 2 StGB jedoch möglich.

Welche Körperverletzung ist durch Unterlassen begehbar?

Hinsichtlich des von uns thematisierten Schwerpunkts bleibt nun die Frage, wann für Körperverletzung durch Unterlassen eine ebenso strenge Ahndung droht, wie für das Begehen durch tatsächliches Handeln. Sind etwa die Tatbestände “schwere Körperverletzung durch Unterlassen” oder “Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen” möglich?

Grundsätzlich ist es möglich, dass es sich bei einer Körperverletzung durch Unterlassen um eine vorsätzliche oder aber eine fahrlässige Tat handelt. Um eine vorsätzliche Körperverletzung durch Unterlassen bestrafen zu können, muss eindeutig nachgewiesen werden, dass der unterlassende Garant vollständige Kenntnis von den Tatumständen hatte.

Das Strafmaß kann sich in einem solchen Fall dann nach dem jeweiligen Grad der vorliegenden Körperverletzung richten. Handelt es sich etwa um eine Körperverletzung mit Todesfolge, kann auch der Garant, der die Körperverletzung durch Unterlassen gewissermaßen selbst erst ermöglichte, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren bestraft werden.

Da sich der Nachweis hinsichtlich der vollumfänglichen Kenntnis in aller Regel jedoch schwierig gestaltet, ist in den meisten Fällen eine fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassen anzunehmen – bzw. eine fahrlässige Tötung, sollte das Opfer zu Tode gekommen sein.

Häufig ist nur eine fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassen nachweisbar und zu ahnden.
Häufig ist nur eine fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassen nachweisbar und zu ahnden.

Dieser Tatvorwurf kann z. B. auch bei einem Behandlungsfehler im Raum stehen, bei dem ein Arzt eine medizinische Behandlung unterlässt und dadurch einem Patienten schadet – etwa fehlende Indikation von Insulin bei einem Zuckerschock.

Im Übrigen handelt es sich bei einem Hundebiss nicht um fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassen, wenn der Hundehalter seinen Hund nicht zurückhält und gewähren lässt. Grund ist hierbei, dass der Halter in aller Regel nicht in einer Garantenstellung gegenüber dem Opfer steht. Eine fahrlässige Körperverletzung bleibt es in aller Regel dennoch.

Das Strafmaß für den Unterlassenden im Falle zuzusprechender Fahrlässigkeit

Für eine fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassen droht eine Geldstrafe oder eine bis zu dreijährige Freiheitsstrafe. Im Falle der fahrlässigen Tötung kann die Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre betragen.

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Kommentare

  1. M. Bohr sagt

    24. Februar 2017 um 10:35

    Danke für die Informationen.

    Antworten
  2. haberkern sagt

    25. August 2017 um 12:50

    muss mich gegen institutionen wie renten-u. krankenversicherung wehren.bin im rentenprozess.wurde nach zweiter reha mit caaudasymptomen als arbeitsfähig entlassen.sozialgerichtlich ist noch nicht entschieden.hab mich im übrigen an die bayrische ärztekammer gewendet.dieses gutachten wird wohl längere zeit in anspruch nehmen.muss auch feststellen,dass gutachten falsch oder unkorrekt sind.dies auch von einem radiologen,der symptome nicht erkannt haben will.weil bei dieser symptomatic meines erachtens schon eine straftat besteht.

    Antworten
  3. Ralf sagt

    15. September 2017 um 11:38

    wenn in einem eheähnlichem Verhältnis ein Partner für den Lebensgefährten keine ärztliche Hilfe ( oder nachweislich zu spät… ) anfordert und durch die verlorene Zeit eine Erkrankung mit Folgen daraus resultiert, wie müsste man da vorgehen. ???

    Antworten
    • koerperverletzung.com sagt

      18. September 2017 um 8:56

      Hallo Ralf,

      wir können keine rechtliche Beratung anbieten und empfehlen Ihnen, sich in diesem Fall direkt an einen Anwalt zu wenden.

      Ihr koerperverletzung.com-Team

      Antworten
  4. Biggi B. sagt

    4. Juni 2018 um 8:05

    Aufgrund von häufiger Krankheit (Schwerbehinderte 60%) wurde ich vom Vorgesetzen vom Arbeitsplatz ENTFERNT und bin seit 9 Monaten ohne Arbeit im Nachbarbüro GEPARKT.

    Ist das eine Körperverletzung?

    Antworten
    • koerperverletzung.com sagt

      11. Juni 2018 um 9:56

      Hallo Biggi B.,

      wir können nicht beurteilen, ob der Tatbestand erfühlt ist. Wenden Sie sich am besten an einen Anwalt oder an eine Polizeidienststelle. Eventuell kann Sie der Betriebsrat oder die Gewerkschaft unterstützen.

      Ihr koerperverletzung.com-Team

      Antworten
  5. ANONYMUS sagt

    9. November 2018 um 21:38

    Ich bin Bewohner der Hälfte eines Wohnhauses, das meiner Schwester gehört (Volleigentum). Mir steht laut Übergabevertrag meiner verstorbenen Eltern lebenslanges Wohnrecht zu.
    Die Warmwasserheizung funktioniert im ersten Stock unzureichend, nur 1 Heizkörper in 4 Zimmern wird warm, 3 bleiben also ständig kalt – im Erdgeschoß ist aber alles O.K.
    Trotz mehrfacher Reklamation wurde die Heizung nicht instandgesetzt, sodaß im Winter bei zunehmender Kälte erhebliche Gesundheitsgefahr droht.
    Was kann ich dagegen machen?

    Antworten
    • HBL sagt

      27. Juni 2019 um 14:21

      Zur Reparatur auffordern, Frist setzen und für den Fall nicht fristgerechter Reparatur androhen, dass Leistung nach Fristablauf abgelehnt und auf Kosten des Verpflichteten durch Dritten erbracht wird.

      Antworten
  6. Gabriel sagt

    9. Juli 2020 um 10:20

    Hallo liebes Team,

    meine Mutter erlitt im Mai 2016 ein Ereignis mit Körperverletzung im KH. Am 09.Juni 2016 verstarb sie.
    Nach ihrem Tod machte ich Anzeige gegen den letzten behandelnden Arzt wegen unterlassener Hilfeleistung, die Körperverletzung wurde als Unfall ausgewertet.
    Dieses Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Das war nach meiner Beschwerde am 10. Juli 2017.
    Nach Beschwerde bei der Vertrauensstelle der Polizei in diesem Jahr wegen einer fragwürdigen Kopfverletzung, die nicht nach Unfall aussah(2 Verletzungen auf dem Foto)
    wurde mir ein zweites Verfahren gegen unbekannt mitgeteilt, dass angeblich nach meiner Beschwerde lief. Davon wurde ich aber nicht unterrichtet.
    Bevor ein Ermittlungsverfahren eröffnet werden kann, muss Anzeige eingehen. Ich habe keine 2. Anzeige gemacht. Wie sieht es mit der Verjährungsfrist aus? Kann ich noch einen Anwalt beauftragen, wegen Schmerzensgeld gegenüber diesem KH?
    Jetzt vergehen mit dem 10. Juli 3 Jahre.

    Antworten

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