Das Strafgesetzbuch (StGB) gibt für die meisten aufgeführten Delikte Strafrahmen vor.
Im Zuge der Strafzumessung kann das Gericht sich innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens bewegen und eine auf den individuellen Fall zugeschnittene Strafe festsetzen.
Abweichend von diesen festen Strafrahmen jedoch zieht das Strafrecht neben strafverschärfenden auch strafmildernde Aspekte im Einzelfall in Betracht. Dies trägt dem Bedürfnis Rechnung, die individuellen Ausprägungen eines jeden Falles angemessen würdigen zu können. Doch wann kann eine Strafmilderung tatsächlich bestimmt werden? Und in welchem Maße sind die Strafen nach § 49 StGB abzumildern?
FAQ: § 49 StGB
§ 49 StGB definiert, wann im Strafrecht eine Strafmilderung ausgesprochen werden kann. Es handelt sich dann um eine verminderte Geld- oder Freiheitsstrafe.
Eine Freiheitsstrafe mit einem Mindestmaß von einem Jahr kann zum Beispiel auf drei Monate herabgesetzt werden. Unsere Tabelle zeigt Ihnen weitere Möglichkeiten der Strafminderung.
Eine Strafminderung ist zum Beispiel möglich, wenn der Täter eine verminderte Schuldfähigkeit aufweist oder ein Verbotsirrtum vorliegt.
Inhaltsverzeichnis
Wie wirkt sich die Strafmilderung gemäß § 49 StGB aus?
Zur besseren Würdigung der jeweiligen Umstände im Einzelfall und für mehr Spielraum bei der Strafzumessung sieht das Strafrecht auch unterschiedlichste Milderungsgründe vor.
Diese können dann zu einer Herabsetzung der im StGB definierten Strafe führen – oder müssen dies sogar.
Je nach rechtlicher Grundlage ist die Strafmilderung gemäß § 49 StGB dann entweder fakultativ (Kann-Regelung) oder obligatorisch (Muss-Regelung). In den meisten Fällen besteht die Möglichkeit der Strafmilderung, jedoch kein Zwang.
Auch die Strafmilderung folgt dabei festen Vorgaben. Diese ergeben sich grundsätzlich aus § 49 Absatz 1 StGB. Hiernach können Strafen bei Würdigung der Strafmilderung wie folgt herabgesetzt werden:
ursprüngliche Strafe | gemilderte Strafe |
---|---|
lebenslange Freiheitsstrafe | Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren |
zeitige Freiheitsstrafe | höchstens 3/4 des angedrohten Höchstmaßes |
Geldstrafe | höchstens 3/4 der Höchstzahl an Tagessätzen |
Abmilderung des erhöhten Mindestmaßes bei Freiheitsstrafen* | |
Mindestmaß von fünf oder zehn Jahren | zwei Jahre |
... zwei oder drei Jahren | sechs Monate |
... einem Jahr | drei Monate |
... darunter | ein Monat (gesetzliches Mindestmaß) |
* Das gesetzliche Mindestmaß einer Freiheitsstrafe liegt bei einem Monat (§ 31 Absatz 2 StGB). Darüber liegende Mindestmaße bei vorgegebenen Strafrahmen sind entsprechend erhöht. |
Wann wird Strafmilderung gewährt?
Die Begründung einer Strafmilderung folgt im StGB nicht immer denselben Mustern, sondern ist in unterschiedlicher Form bestimmt. Zu unterscheiden ist dabei zwischen sogenannten vertypten Milderungsgründen sowie minder schweren Fällen.
Für minder schwere Fälle eines bestimmten Delikts ist im jeweiligen Paragraphen oftmals ein eigener Absatz eingefügt, in dem ein geringerer Strafrahmen angesetzt wird. In einigen Fällen kann eine minder schwerer Ausprägung eines Grunddelikts auch in einem eigenen Paragraphen behandelt werden – z. B. beim Totschlag (§§ 212, 213 StGB). Die Strafmilderung ist hier an die Intensität der Tathandlung und die direkten Tatfolgen gebunden.
Zu den vertypten Gründen für die Strafmilderung hingegen können zahlreiche Fälle gezählt werden, in denen eine Herabsetzung der Strafe nach Maßgabe von § 49 Absatz 1 StGB erfolgen kann oder zwingend erfolgen muss:
- Der Versuch einer strafbaren Handlung kann im Einzelfall ebenfalls unter Strafe gestellt sein. Für Verbrechen gilt dies in jedem Fall, für Vergehen nur bei expliziter Erwähnung im StGB (vgl. versuchte Körperverletzung). § 23 Absatz 2 StGB bestimmt, dass ein Versuch grundsätzlich gemäß § 49 Absatz 1 StGB milder bestraft werden kann als das vollendete Delikt – aber nicht zwingend muss.
- Liegt verminderte Schuldfähigkeit auf Seiten des Täters vor, so gilt gemäß § 21 StGB, dass die Strafe ebenfalls entsprechend abgemildert werden kann.
- Nach § 13 StGB kann die unterlassene Hilfeleistung auf Seiten eines Garanten dem Begehen der eigentlichen Tat gleichgestellt werden. Auch in diesem Fall ist die Strafmilderung gemäß § 49 Absatz 1 StGB möglich.
- Fehlte dem Täter im Zeitpunkt seiner Tat die Einsicht, dass er Unrecht tut (= Verbotsirrtum), und hätte er diesen Irrtum vermeiden können, so ist die Strafmilderung nach § 17 StGB ebenfalls denkbar.
- Ein weiterer im Strafrecht anerkannter Strafmilderungsgrund steht vor allem in Abhängigkeit des Täterverhaltens im Rahmen der Aufarbeitung. Bemüht sich dieser aufrichtig etwa um den Täter-Opfer-Ausgleich oder andere Wege der Schadenswiedergutmachung, kann auch dies sich nach § 46a StGB strafmildernd auswirken.
- Auch die Beihilfe kann die Strafmilderung begründen. Die Strafminderung ist bei Verurteilung des jeweiligen Gehilfen einer Straftat jedoch – anders als den bisherigen Beispielen – obligatorisch. Wird einem Täter mithin Beihilfe vorgeworfen, muss folglich bei der Strafzumessung die Strafmilderung nach § 49 Absatz 1 StGB Anwendung finden.
Daneben existieren im Strafrecht auch zahlreiche Ermessensmilderungsgründe. Ist in einem solchen Fall gesetzlich die Möglichkeit der Strafmilderung bestimmt, verweist der jeweilige Gesetzestext auf § 49 Absatz 2 StGB. Hierzu zählt unter anderem etwa die tätige Reue (§§ 306e, 314a, 320, 330b StGB) oder die Berichtigung falscher Angaben im Falle eines begangenen Meineids.
Strafmilderung bei abgelegtem Geständnis?
Auch ein Geständnis kann sich positiv auf die Strafzumessung auswirken.
Nicht immer aber zieht dies auch automatisch die Strafmilderung gemäß § 49 Absatz 1 StGB nach sich. Wenn auch nicht explizit erwähnt, zählt das Geständnis ebenfalls zu den Umständen der Strafzumessung, die für den Täter sprechen können (§ 46 Absatz 2 StGB).
Insofern kann sich eine grundsätzlich strafmildernde Wirkung ergeben. Dies gilt aber in aller Regel nicht für falsche, unvollständige, zu spät abgelegte Geständnisse oder solche, bei denen die Reumütigkeit und das aufrichtige Schuldgefühl des Schuldigen anzuzweifeln sind.
Unterstützt der Täter durch eine Aussage die Aufklärung einer schweren Straftat (gemäß § 100a Absatz 2 Strafprozessordnung), ist die Strafmilderung nach § 46b Absatz 1 StGB oftmals möglich. Eine lebenslange Freiheitsstrafe kann in diesem Fall jedoch nur auf eine mindestens zehnjährige zeitige Freiheitsstrafe herabgesetzt werden.
§ 49 Absatz 1 Ziffer 1 StGB ist damit eingeschränkt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes ist die strafmildernde Unterstützung bei der Verbrechensaufklärung jedoch nicht an ein Geständnis des Täters selbst gebunden (BGH-Urteil vom 14.04.2011, Aktenzeichen 2 StR 34/11).
Wirkt sich der Einfluss von Alkohol immer strafmildernd aus?
Grundsätzlich ist die Strafmilderung gemäß § 49 Absatz 1 StGB auch immer dann denkbar, wenn der Täter während der Tatbegehung zu viel Alkohol konsumiert hat. Angenommen werden kann in diesem Moment, dass die Hemmschwelle durch den Konsum von Rauschmitteln herabgesetzt wurde und z. B. ein Streit schneller in einem Handgemenge endete – mit daraus resultierender vorsätzlicher Körperverletzung.
Eine Strafmilderung wegen Alkohol kann jedoch nie garantiert werden. Zu betrachten ist stets der vorliegende Einzelfall. Kann aufgrund des erhöhten Alkoholkonsums von verminderter Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt ausgegangen werden, obliegt es der richterlichen Bewertung, inwieweit er dies als Strafmilderungsgrund auch tatsächlich anerkennt. Geringe Blutalkoholkonzentrationen sind dabei allerdings regelmäßig nicht ausreichend, um sich strafmildernd auszuwirken.
Strafmilderung bei Selbstanzeige?
Nicht alle Straftatbestände, die das deutsche Strafrecht kennt, finden sich im StGB. Viele sind auch auf andere Gesetzestexte und Verordnungen verteilt.
Eine dieser Straftaten ist zum Beispiel die Steuerhinterziehung. Diese ist nach § 370 der Abgabenordnung (AO) strafbar und kann mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren – in schweren Fällen bis zu zehn Jahren – geahndet werden.
Besonders in diesem Zusammenhang ist die Selbstanzeige in den letzten Jahren bedeutsam geworden. Bis zum Jahre 2014 konnten Selbstanzeiger sogar fast immer straffrei ausgehen, wenn sie im Nachhinein die Steuerhinterziehung gegenüber dem Finanzamt angaben. Seit 2015 jedoch bleibt die Steuerhinterziehung bei Selbstanzeigen in der Regel aber nur noch bis zu einem Betrag von 25.000 Euro straffrei. Darüber hinausgehende Beträge sind oft nur gegen erhebliche Aufschlagszahlungen von bis zu 20 % ohne Folge.
Eine Strafmilderung ist in der Abgabenordnung für die Selbstanzeige jedoch nicht explizit vorgesehen, sondern nur die Straffreiheit im Einzelfall.
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