Ein junger Mann wird wegen gefährlicher Körperverletzung vom Jugendgericht zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, welche zur Bewährung ausgesetzt wird.
Die Konsequenz: Die Bestrafung findet quasi nur auf dem Papier statt, da er von der Freiheitsstrafe nichts spürt. Er muss ja aufgrund der Bewährung nicht ins Gefängnis. Dem jungen Straftäter ist diese Strafe relativ egal. Er ist trotz seiner Tat weiterhin auf freiem Fuß. Diese und ähnliche Situationen führten in der Vergangenheit oft zur Kritik:
Es fehle an einer abschreckenden Wirkung. Vielmehr sei diese Bewährungsstrafe fast schon ein „Freispruch zweiter Klasse“. Noch 2010 forderten viele Stimmen, dass es deswegen möglich sein müsse, neben einer solchen Bewährungsstrafe einen sogenannten Warnschussarrest zu verhängen. Bis zum 7. März 2013 war dies nicht möglich. An diesem Tag ist der § 16a Jugendgerichtsgesetz (JGG) in Kraft getreten, der den Warnschussarrest ermöglicht.
FAQ: Warnschussarrest
Beim Warnschussarrest handelt es sich um einen Jugendarrest, der von einem Gericht zusätzlich zu einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe angeordnet werden kann.
Richter können den Warnschussarrest verhängen, wenn diese der Meinung sind, dass die Bewährungsstrafe nicht ausreicht, damit straffällige Jugendliche das Unrecht ihres Verhaltens einsehen.
Als Zuchtmittel kann der Warnschussarrest für eine Dauer von maximal vier Wochen verhängt werden.
Inhaltsverzeichnis
Warnschussarrest: Definition – Anordnung eines Zuchtmittels neben Jugendstrafe
Der Warnschussarrest ist eine Art Jugendarrest. Das Jugendstrafrecht sieht den Arrest als strengstes Zuchtmittel eine kurzzeitige Freiheitsentziehung vor. Anders als die Jugendstrafe, die die einzige “richtige” Strafe für Jugendliche darstellt, wird der Arrest in Jugendarrestanstalten oder in Arresträumen vollzogen.
Bis zum 7. März 2013 konnte der Jugendrichter einen Angeklagten entweder zu einer Jugendstrafe verurteilen oder Jugendarrest anordnen. Beides gleichzeitig war nicht möglich, auch dann nicht, wenn die Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde (sogenanntes Kopplungsverbot). Umgekehrt konnte ein Jugendarrest nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.
Verdeutlichungsarrest nach § 16a Abs. 1 Nr. 1 JGG
Dieser kann angeordnet werden, wenn
„dies geboten ist, um dem Jugendlichen seine Verantwortlichkeit für das begangene Unrecht und die Folgen weiterer Straftaten zu verdeutlichen“.
Unter diese Kategorie fällt die oben geschilderte Situation, dass die Bewährungsstrafe keinen Eindruck beim jugendlichen Straftäter hinterlässt. In diesem Fall darf der Warnschussarrest nur unter folgenden Bedingungen angeordnet werden:
- Es wurden bisher noch kein Dauerarrest und auch keine längere Untersuchungshaft gegen den Jugendlichen vollstreckt.
- Die Verhängung muss zur Verdeutlichung des Unrechts und der damit verbundenen Folgen geboten sein. Hierbei ist zu beachten, dass für diese Verdeutlichung auch noch andere Mittel zur Verfügung stehen: Denn auch mit einer Belehrung oder Weisungen und Auflagen kann die Bewährungsstrafe für den Jugendlichen fühlbar gemacht werden.
- Es ist immer das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wahren.
Der Warnschussarrest zur Verdeutlichung des Unrechts ist seit seiner Einführung umstritten, vor allem vor dem Hintergrund der hohen Rückfallquote jugendlicher Straftäter. Erzieherische Anstöße seien nur wirksam, wenn sie auf Dauer angelegt sind. Dies würde aber eine Nachbetreuung aus der Arrestanstalt erfordern, die nur in den seltensten Fällen gegeben sei. Vor allem bei Intensivtätern, die über Jahre hinweg kriminell geprägt wurden, sei eine langfristige Intensivbetreuung erforderlich. [Quelle: http://www.zis-online.com/dat/artikel/2012_12_720.pdf]
Herausnahmearrest nach § 16a Abs. 1 Nr. 2 JGG
Der Richter kann auch dann Warnschussarrest anordnen, wenn dies geboten erscheint, um den Jugendlichen aus dem schädlichen Umfeld herauszunehmen und um ihn im Vollzug des Arrests auf die Bewährungszeit vorzubereiten. Mit dem schädlichen Umfeld sind hier Einzelpersonen, aber auch Cliquen gemeint.
Mit dieser Variante will der Gesetzgeber dem Jugendlichen Zeit zur Selbstreflexion verschaffen. Außerdem soll der Arrest dem Bewährungshelfer den „ersten Zugriff“ auf den Straftäter ermöglichen. Gerade die letzte Absicht des „ersten Zugriffs“ wird von vielen Juristen als realitätsfern bezeichnet: Ein Bewährungshelfer könne den Jugendlichen viel besser motivieren, wenn dieser sich in Freiheit befinde, anstatt in einem aufgezwungenen Arrest.
Außerdem erfolge die Arrestvollstreckung oft erst Wochen oder Monate nach Rechtskraft des Urteils, obwohl der Bewährungshelfer sofort nach Rechtskraft Kontakt zum Verurteilten aufbauen sollte.
Auffangarrest nach § 16a Abs. 1 Nr. 3 JGG
Die Voraussetzungen für diesen Warnschussarrest sind allgemeiner gefasst als die Bedingungen der anderen beiden Fälle. Der Gesetzgeber erlaubt dessen Verhängung wenn
- „dies geboten erscheint, um im Vollzug des Jugendarrests eine nachdrücklichere erzieherische Einwirkung auf den Jugendlichen zu erreichen oder
- um dadurch bessere Erfolgsaussichten für eine erzieherische Einwirkung in der Bewährungszeit zu schaffen.“
Ein Anwendungsbeispiel hierfür bringt der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung nicht an. Er verlangt, dass alle maßgeblichen Umstände im Urteil dargestellt und in ihrer Gesamtheit gewürdigt werden.
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