FAQ: Strafverfolgung
Die Strafverfolgung umfasst laut Definition das gesamte Verfahren von der Ermittlung, ob jemand eine Straftat begangen hat, bis hin zur Verurteilung durch das Strafgericht. Wie ein Strafverfahren abläuft, lesen Sie hier.
Als Strafverfolgungsbehörde fungieren in Deutschland die Staatsanwaltschaft und die Polizei. Nur ihnen obliegt die Verfolgung von Straftaten. Damit hat der Staat das Monopol der Strafverfolgung – und Strafzumessung.
Bei einer Fahndung sucht die Polizei gezielt nach einer Person, um Kenntnis über den Tathergang, den Täter, Zeugen und Geschädigte zu gewinnen.
Ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung einer Körperverletzung besteht, wenn die Straftat den Rechtsfrieden stört, z. B. weil der Verdacht der mehrfachen und wiederholten Tatbegehung besteht.
Weitere Ratgeber zum Thema „Strafverfolgung“:
Inhaltsverzeichnis
Voraussetzungen für eine strafrechtliche Verfolgung
Wer eine Straftat begeht, wird strafrechtlich verfolgt und muss mit einer Strafe rechnen – vorausgesetzt die Polizei oder die Staatsanwaltschaft erfährt von der Tat, zum Beispiel durch …
- eine Strafanzeige oder einen Strafantrag
- eigene polizeilichen Recherchen
- Hinweise von anderen Behörden
- Zufall
In der Regel wird die Strafverfolgung durch die Polizei eingeleitet, weil sie zuerst von der Tat Kenntnis erlangt.
Liegt aufgrund dessen ein sogenannter Anfangsverdacht vor, ist die Strafverfolgungsbehörde in der Regel verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Anfangsverdacht bedeutet laut § 152 II StPO, dass „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ für eine Straftat vorliegen. Sie muss dem Täter also noch nicht nachgewiesen sein – das ist erst Gegenstand des gesamten Strafverfahrens.
Eine Strafverfolgung durch Polizei und Staatsanwaltschaft ist aber nur unter folgenden Prozessvoraussetzungen möglich:
- Strafmündigkeit bzw. Schuldfähigkeit: Der Tatverdächtige muss mindestens 14 Jahre alt sein. Jüngere Kinder gelten laut § 19 StGB als schuldunfähig, sodass gegen sie kein Strafverfahren durchgeführt werden darf.
- Keine Immunität: Eine Strafverfolgung gegen Bundestagsabgeordnete und Mitglieder eines Landesparlaments ist während der Dauer ihres Mandats ausgeschlossen, es sei denn, das Parlament genehmigt die Verfolgung.
- Keine Strafverfolgungsverjährung: Verjährte Straftaten können nicht mehr verfolgt werden.
- Keine Rechtshängigkeit und Rechtskraft: Niemand darf wegen ein und derselben prozessualen Tat erneut angeklagt oder verurteilt werden. Dieser Grundsatz ist sogar in Art. 103 III GG verankert.
- Strafantrag bei Antragsdelikten: Bei einer einfachen vorsätzlichen oder fahrlässige Körperverletzung und bei einigen anderen Delikten muss der Geschädigte einen Strafantrag stellen oder es gibt ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung. Bei der Verfolgung einer vorsätzlichen Körperverletzung ist dies z. B. anzunehmen, wenn der Beschuldigte entsprechend vorbestraft ist, die Tat aus menschenverachtenden Beweggründen begangen oder erhebliche Verletzungen verursacht hat.
Das Fehlen eines dieser Prozessvoraussetzungen stellt ein Verfahrenshindernis dar, sodass die Strafverfolgung beendet werden muss – durch Verfahrenseinstellung, Nichteröffnung der Hauptverhandlung oder sogar durch Freispruch.
Ratgeber zu den verschiedenen Verdachtsstufen:
- Anfangsverdacht
- dringender Tatverdacht
Strafverfolgung im Grundgesetz: Anspruch auf rechtliches Gehör
Laut Art. 103 I GG hat jeder Anspruch auf rechtliches Gehör. In Bezug auf die Strafverfolgung bedeutet das unter anderem Folgendes:
- Der Beschuldigte muss über den gegen ihnen bestehenden Verdacht informiert werden. Denn nur dann kann er sich wirksam und umfassend verteidigen.
- Ihm muss Gelegenheit gegeben werden, sich zur Sache zu äußern und ihn entlastende Umstände vorzubringen – und zwar spätestens im Rahmen einer Vernehmung vor dem Abschluss der Ermittlungen.
- Vor der Urteilsverkündung in der Hauptverhandlung hat der Angeklagte das Recht auf das letzte Wort.
Ratgeber zu den Beteiligten am Strafverfahren und ihren Rechten:
Strafverfolgung: Ablauf eines Strafverfahrens
Während des gesamten Strafverfahrens wird geprüft, ob der Tatverdächtigte für eine konkrete Tat auch zur Verantwortung gezogen und zu einer Strafe verurteilt werden kann. Das Verfahren folgt einem festen, gesetzlich vorgeschriebenen Ablauf:
- Ermittlungsverfahren bzw. Vorverfahren
- Anklage und Zwischenverfahren
- Hauptverfahren
Im Anschluss daran erfolgt gegebenenfalls ein Rechtsmittelverfahren (Berufung oder Revision) und danach die Strafvollstreckung und Strafvollzug.
Strafverfolgung beginnt mit dem Ermittlungsverfahren
Während des Ermittlungsverfahrens wird die Person, gegen die sich die Ermittlungen richten, Beschuldigter genannt. Dieses Vorverfahren beginnt, sobald die Strafverfolgungsbehörden von dem Verdacht einer Straftat erfahren und der bereits erwähnte Anfangsverdacht vorliegt.
Zunächst prüft die Ermittlungsbehörde, ob das untersuchte Verhalten strafbar ist und sammelt anschließend Beweise, um dem Beschuldigten die Tat nachzuweisen. Wichtige Beweismittel sind z. B. die Vernehmung des Beschuldigten, Zeugenbefragungen und Fingerabdrücke.
Bis zum Abschluss der Strafverfolgung gilt die Unschuldsvermutung. Das heißt, jeder gilt als unschuldig, bis seine Schuld nachgewiesen ist. Deshalb ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, sowohl belastende als auch entlastende Umstände zu ermitteln.
Das Vorverfahren endet, wenn die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen für abgeschlossen hält. Es kann auf zweierlei Art enden:
- Es besteht ein hinreichender Tatverdacht gegen den Beschuldigten. Das heißt, es ist aufgrund der Beweislage wahrscheinlich, dass er wegen der Straftat verurteilt wird. Dann erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen ihn oder beantragt einen Strafbefehl. Mit der Anklageerhebung wird der Beschuldigte zum Angeschuldigten.
- Gelangt die Staatsanwaltschaft zu dem Ergebnis, dass es zwar eine Straftat gibt, aber keine Beweise oder dass der Beschuldigte unschuldig ist, wird das Strafverfahren und damit die Strafverfolgung eingestellt.
Ratgeber zu den Maßnahmen während eines Strafverfahrens:
Zwischenverfahren beim Strafgericht
Nachdem die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift beim Gericht eingereicht hat, entscheidet dieses, ob es das beantragte Hauptverfahren eröffnet.
Dafür beurteilt es noch einmal anhand der Anklageschrift, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt.
Dieser Abschnitt der Strafverfolgung erfolgt auch im Interesse des Angeschuldigten.
Denn das Gericht prüft den Sachverhalt als unabhängige Instanz – und kann das Verfahren sogar einstellen. Außerdem schützt dieses Zwischenverfahren die Gerichte davor, trotz schlecht vorbereiteter Anklagen aktiv werden zu müssen.
Kommt das Gericht ebenfalls zu dem Ergebnis, dass ein hinreichender Tatverdacht besteht, erlässt es einen Eröffnungsbeschluss. Die Prozessbeteiligten, insbesondere der Angeschuldigte und die Zeugen, erhalten eine Ladung zum Gerichtstermin.
Mit der Fertigstellung des Eröffnungsbeschlusses wird der Angeschuldigte zum Angeklagten.
Hauptverfahren vor dem Gericht – Herzstück der Strafverfolgung
Das Hauptverfahren beginnt mit dem Erlass des Eröffnungsbeschlusses. Zunächst bereitet das Gericht die Hauptverhandlung vor.
Es setzt einen Termin für die Hauptverhandlung fest, lädt die Prozessbeteiligten, bestellt ggf. einen Verteidiger und bereitet Beweismittel vor.
Die Hauptverhandlung findet mündlich und in der Regel öffentlich statt, sodass jeder als Zuschauer teilnehmen kann. Sie folgt einem festen Ablauf:
- Sitzungseröffnung durch den Richter
- Belehrung von Zeugen und Sachverständigen über die strafrechtlichen Folgen einer Falschaussage, ihre Aussagepflicht oder ihr Zeugnisverweigerungsrecht bzw. Auskunftsverweigerungsrecht
- Entlassung der Zeugen aus dem Sitzungssaal: Sie werden einzeln vernommen, während die anderen vor dem Saal warten.
- Vernehmung des Angeklagten zu seiner Person
- Verlesung des Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft
- Belehrung des Angeklagten, dass es ihm freisteht, sich zu äußern oder nicht auszusagen
- Vernehmung des Angeklagten zur Sache, wenn er dazu bereit ist
- Beweisaufnahme: Zeugenvernehmung und Anhörung von Sachverständigen, Ansehen von Bildern und Videos
- Schlussvorträge der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten bzw. seines Strafverteidigers
- Letztes Wort des Angeklagten
- Urteilsberatung
- Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung
Wann tritt Strafverfolgungsverjährung ein?
Eine Strafverfolgung kann nicht zeitlich unbegrenzt eingeleitet werden, weil Straftaten verjähren. Eine Ausnahme davon bildet der Straftatbestand des § 211 StGB – Mord verjährt nicht.
Die Verfolgungsverjährung ist in § 78 StGB geregelt. Sie schließt auch die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen aus.
Nach welchem Zeitraum Verjährung eintritt, hängt davon ab, welche Höchststrafe das Gesetz für die begangene Straftat vorsieht.
Höchststrafmaß für die Taten nach StGB | Verfolgungsverjährung |
---|---|
lebenslange Freiheitsstrafen | 30 Jahre |
Freiheitsstrafen von mehr als 10 Jahren | 20 Jahre |
Freiheitsstrafen von mehr als 5 bis zu 10 Jahren | 10 Jahre |
Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu 5 Jahren | 5 Jahre |
alle anderen Straftaten | 3 Jahre |
Strafverfolgung von Straftaten gegen ausländische Staaten
Eine Besonderheit im Rahmen der Strafverfolgung stellt die Norm des § 104a StGB dar. Sie bezieht sich auf „Straftaten gegen ausländische Staaten“. Zu diesen zählen:
- Angriffe gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten laut § 102 StGB, z. B. Attentat auf ausländisches Staatsoberhaupt in Deutschland
- Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten gemäß § 104 StGB, z. B. das Verbrennen ausländischer Flaggen in Deutschland
Diese Straftatbestände schützen einerseits ausländische Rechtsgüter und andererseits das Interesse der Bundesrepublik Deutschland an funktionierenden diplomatischen Beziehungen.
Sie werden nur verfolgt, wenn …
- die Bundesrepublik Deutschland zu dem anderen Staat diplomatische Beziehungen unterhält,
- die Gegenseitigkeit verbürgt ist und auch zur Zeit der Tat verbürgt war,
- ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegt und
- die Bundesregierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt.
Unterschied zwischen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung
Die Polizei ist sowohl für die Strafverfolgung als auch für die Gefahrenabwehr zuständig. Diese beiden Aufgabenfelder unterscheiden sich vielen Punkten, wie die folgende Tabelle zeigt:
Gefahrenabwehr | Strafverfolgung | |
---|---|---|
Zweck | Prävention: Abwehr einer drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit; Gefahr kann noch abgewendet und eine Störung beendet werden | Repression: Verfolgung einer bereits begangenen Straftat; Verletzung der Rechtsordnung ist bereits eingetreten |
Gegenstand | Tatbezogene Gefahrenabwehr: Wer die Gefahr verursacht hat, spielt dafür keine Rolle. | Täterbezogene Aufklärung einer Straftat: Ziel ist es, die Strafbarkeit einer bestimmten Person zu beweisen. |
Handlungsprinzip | Opportunitätsprinzip: Ob die Polizei einschreitet, liegt in ihrem Ermessen. | Legalitätsprinzip: Die Polizei ist in der Regel zur Strafverfolgung verpflichtet. |
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