Was viele Menschen nicht wissen ist, dass bei der Strafzumessung nicht immer auch eine Gerichtsverhandlung für die Verurteilung vonnöten ist.
Das deutsche Strafrecht hält ein verkürztes Verfahren bereit, bei dem die Strafe für ein Vergehen verhängt werden kann, ohne dass der Beschuldigte sich in einer Hauptverhandlung verantworten muss: das Strafbefehlsverfahren.
Doch in welchen Fällen kann ein Strafbefehl erlassen werden und wie kann sich ein Betroffener gegen die darin auferlegte Strafe zur Wehr setzen? Erfahren Sie im Folgenden, wann ein Strafbefehl ohne Hauptverhandlung ausgesetzt werden kann.
FAQ: Strafbefehl
Im Rahmen eines Strafbefehl kann der Täter bestraft werden, ohne das eine Hauptverhandlung vor Gericht vonnöten ist.
Der Strafbefehl ist bei allen Delikten möglich, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe unter einem Jahr oder einer Geldstrafe sanktioniert werden. Hier lesen Sie mehr dazu.
Wurde ein Strafbefehl gegen Sie erlassen, dann können Sie grundsätzlich als vorbestraft gelten. Im polizeilichen Führungszeugnis gibt es allerdings keinen Eintrag.
Inhaltsverzeichnis
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Was ist ein Strafbefehl?
Im vereinfachten Verfahren kann das Gericht dem Beschuldigten eine Strafe auferlegen und diese in einem Strafbefehl ohne zuvor erfolgte Anhörung des Beschuldigten und ohne Hauptverhandlung festhalten. Ursächlich für diese im Strafrecht angewandte Vereinfachung durch das Strafbefehlsverfahren: Richter und Staatsanwaltschaft sollen insbesondere bei der Verfolgung leichter Delikte entlastet werden.
Doch nicht nur für diese kann der Strafbefehl Vorteile haben: Auch die Täter selbst werden zumindest finanziell entlastet. Die Kosten für Gericht und Verhandlung verringern sich. Diese muss grundsätzlich der Beschuldigte tragen, sofern er vom Tatvorwurf nicht freigesprochen wird.
Welche Delikte können per Strafbefehl geahndet werden?
Nicht alle Verstöße, die das Strafgesetzbuch (StGB) kennt, können jedoch zum Erlass eines Strafbefehls führen. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, einen Strafbefehl ohne vorhergehende Verhandlung zu erlassen, nur im Falle von Vergehen. Hierunter fallen all jene Verstöße, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe unter einem Jahr oder einer Geldstrafe belegt sind (§ 12 StGB).
Doch es gibt auch weitere Voraussetzungen, die sich nach § 407 Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO) ergeben.
Demnach ist die Zustellung von einem Strafbefehl u. a. in den folgenden Fällen – einzeln oder in Kombination – möglich:
- In aller Regel ist der Erlass von einem Strafbefehl an eine Geldstrafe gebunden, d. h. wird gegen den Beschuldigten aufgrund einer einfachen Körperverletzung durch das Gericht lediglich eine Geldstrafe (bis max. 360 Tagessätze) verhängt, kann die Strafzumessung ohne Gerichtsverhandlung erfolgen. Auch wenn es nur zu einer Verwarnung unter Strafvorbehalt kommt, kann das gerichtliche Verfahren abgekürzt werden über den Erlass von einem Strafbefehl. Höchstens 180 Tagessätze darf die verhängte Geldstrafe bei der Verwarnung betragen (§ 59 StGB).
- Ausnahmsweise ist dies auch dann möglich, wenn eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe nicht über einem Jahr als Strafmaß festgesetzt ist. Dies gilt jedoch nur, sofern der Angeschuldigte von einem Strafverteidiger vertreten wird.
- Häufig wird ebenfalls ein Strafbefehl bei verhängtem Fahrverbot oder einem Fahrerlaubnisentzug (bei Sperrzeiten nicht über zwei Jahren) erteilt.
Welche Verfahrenskosten bringt der Strafbefehl mit?
Die Kosten für den normale Strafprozess und das verkürzte Strafbefehlsverfahren richten sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG). Die Gerichtskosten beim Strafbefehl sind dabei exakt die Hälfte der entstehenden Kosten im normalen Verfahren:
angedrohte Geldstrafe | Strafbefehl | Strafprozess |
---|---|---|
... bis 180 Tagessätze | 70 Euro | 140 Euro |
... über 180 Tagessätze | 140 Euro | 280 Euro |
Sie können die verhängte Geldstrafe und die Ihnen auferlegten Verfahrenskosten für den Strafbefehl nicht zahlen? Ratenzahlung kann mit dem zuständigen Gericht vereinbart werden.
Wann tritt die Rechtskraft beim Strafbefehl nach StPO ein?
Die Rechtskraft begründet die Unumkehrbarkeit eines erfolgten Urteils. Nur in wenigen Ausnahmefällen kann gegen einen rechtskräftigen Beschluss noch ein Rechtsmittel eingelegt werden. Aus diesem Grund gilt es, die Einspruchsfrist beim Strafbefehl genau zu beachten. Diese beträgt genau 14 Tage.
Wenn der Beschuldigte jedoch einen zulässigen Einspruch einlegt, kommt es in der Regel nachträglich noch zur Hauptverhandlung. Der Rat von einem Anwalt für Strafrecht ist anzuempfehlen, um die Erfolgsaussichten im jeweiligen Einzelfall prüfen zu lassen. Zudem besteht in diesem Fall das Risiko, dass die nach der Hauptverhandlung festgesetzte Strafe schwerer wiegt als die im Strafbefehl angesetzte. Das Verschlechterungsverbot gilt hier somit nicht.
Sind Sie nach Rechtskraft vom Strafbefehl automatisch vorbestraft?
Der ein oder andere Betroffen fragt sich, ob ein Strafbefehl immer als Vorstrafe registriert wird.
Hier ist zunächst zu unterscheiden zwischen dem polizeilichen Führungszeugnis und dem Bundeszentralregister.
In letzterem werden alle rechtskräftigen Verurteilungen festgehalten – unabhängig von der Strafhöhe. Demnach gilt hier jede Eintragung – auch jeder Strafbefehl – stets als Vorstrafe.
Nach § 41 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) haben jedoch nicht alle Stellen und Personen ein Recht auf Einsicht in dieses Komplettverzeichnis, sondern nur u. a. Gerichte, Staatsanwaltschaft, Verfassungsschutz und Landesbehörden.
Das polizeiliche Führungszeugnis hingegen enthält nicht alle im Bundeszentralregister aufgeführten Vermerke, sondern lediglich:
- Freiheitsstrafen von mehr als drei Monaten,
- nicht zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafen,
- Geldstrafen ab 91 Tagessätzen (bereits ab 90 Tagessätzen bei Wiederholungstätern).
Lucas sagt
17. March 2023 at 16:51
Kann man wegen gefährlicher Körperverletzung auch einen Strafbefehl bekommen wenn man sich keinen Verteidiger leisten kann?
Antje W. sagt
14. September 2020 at 15:53
wenn ein Strafbefehl mit 20 tagessätzen erlassen wird, ist dieser dann quasi öffentlich, d.h. dürfen die Anzeigenerstatter den Inhalt eines Strafbefehls öffentlich verbreiten, um dem Beschuldigtem/Verurteilten gezielt zu schaden?
Sven B sagt
15. October 2019 at 9:57
Das im vereinfachten Verfahren auch das Auferlegen der Strafe ohne zuvor erfolgte Anhörung durch einen Strafbefehl möglich ist, war mir nicht bewusst. Die Möglichkeit die Geldstrafen in der Tabelle auch in Raten zahlen zu können ist wirklich kulant. Eventuell kann man aus Sicht des Beschulidgten betrachtet die Höhe der Geldstrafe durch eine Anhörung unter Konsultation eines Fachanwalts für Strafrecht noch lindern. Vielen Dank für die wertvollen Informationen.
Stephan sagt
26. April 2019 at 10:17
Hallo
ich wurde zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Ich hatte keine anhörung vor Gericht. Muss ich trotzdem mit den oben in der Tabelle genannten Verfahrenskosten rechnen oder fällt der höher aus?
koerperverletzung.com sagt
30. April 2019 at 15:31
Hallo Stephan,
in der Regel hat ein Verfahren stattgefunden auch wenn es zu keiner Verhandlung vor Gericht kam. Daher sind bei einem solchen Verfahren üblicherweise dann auch Gebühren möglich, die zu tragen sind. Handelt es sich um ein verkürztes Verfahren, sind in der Regel die Gebühren für den Strafbefehl zu zahlen.
Ihr koerperverletzung.com-Team