FAQ: Aktensicht gemäß StPO
Für den Antrag auf Akteneinsicht im Strafverfahren reicht ein formloses Schreiben. Dieses muss bei der Staatsanwaltschaft oder alternativ dem zuständigen Gericht eingereicht werden.
Um Akteneinsicht zu erhalten, benötigen Sie nicht zwangsweise einen Anwalt. Ggf. kann dadurch aber eher verhindert werden, dass die Akteneinsicht verwehrt wird. Weitere Vorteile von anwaltlicher Hilfe lesen Sie hier.
Die digitale Beantragung der Akteneinsicht kostet Sie 5 Euro. Hinzu kommen eine Auslagenpauschale von maximal 20 Euro und mögliche Kopierkosten sowie ggf. Anwaltskosten. Genaueres erfahren Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Aktensicht beantragen: Dauer, Zuständigkeit & Fristen
Wer in einem Strafverfahren zum berechtigten Personenkreis gehört, hat das Recht auf Akteneinsicht. Dazu gehören sowohl Beschuldigte als auch Anzeigenerstatter einer Straftat.
Die Akteneinsicht soll für eine Art Chancengleichheit zwischen Bürger und Staat, genauer zwischen Beschuldigtem und Staatsanwaltschaft oder Gericht, sorgen. Vor allem für die Verteidigung kann eine Akteneinsicht enorm wichtig werden.
Natürlich geht sie mit einigen Fragen einher. Kann ich Akteneinsicht selbst beantragen? Lässt sich Akteneinsicht auch per E-Mail beantragen? Wie lange dauert die Akteneinsicht-Beantragung? Und benötigt man zwingend einen Anwalt?
Gesetzliche Regelungen gibt es hierzu gleich in mehreren Paragrafen der Strafprozessordnung (StPO). Während § 147 StPO das Akteneinsichtsrecht und Auskunftsrecht des Beschuldigten regelt, werden durch § 406e StPO Vorgaben zur Akteneinsicht an sich festlegt. Per § 475 StPO wird zudem das Akteneinsichtsrecht für Privatpersonen geregelt.
Zuständig für die Akteneinsicht ist im laufenden Ermittlungsverfahren die Staatsanwaltschaft. Wird im Anschluss eine Anklage gegen den Beschuldigten erhoben, übernimmt der zuständige Richter die Entscheidung über die Herausgabe der Strafakten. Über die Akteneinsicht nach Abschluss des Verfahrens entscheidet laut StPO erneut die Staatsanwaltschaft.
Wie lange dauert es, bis ein Anwalt Akteneinsicht bekommt? Dies ist von verschiedenen Faktoren abhängig und kann mehrere Tage bis Wochen dauern. Als Richtwert sollten Sie zwischen 2 und 8 Wochen einplanen. Bei komplexeren Fällen oder hoher Belastung der zuständigen Behörde kann es länger dauern. Eine Frist für eine Aktensicht-Beantragung besteht aber nicht.
Akteneinsicht beantragen mit und ohne Anwalt: Was muss ich beachten?
Eine Akteneinsicht ist laut StPO ohne Anwalt möglich. Sie können den Antrag ganz einfach formlos bei der Staatsanwaltschaft oder dem für Ihren Fall zuständigen Gericht einreichen. Ggf. könnte es sich aber nachteilig auswirken, in dieser Sache auf die Hilfe eines Anwalts zu verzichten.
Durch die Unterstützung eines Anwalts kann ggf. eher eine Verweigerung der Akteneinsicht verhindert werden. Außerdem verringert sich der Umfang, in dem Sie Akten einsehen dürfen, erheblich.
Denn wenn Sie von Ihrem Akteneinsichtsrecht gemäß § 147 StPO als Beschuldigter Gebrauch machen, erhalten Sie ohne Anwalt lediglich Auszüge, die für Ihre Verteidigung relevant sind. Ein Strafverteidiger hat dagegen Einsicht in sämtliche Bestandteile der Strafakte, wodurch eine Verteidigung gegen die Tatvorwürfe deutlich standfester wird.
Doch auch mit anwaltlicher Hilfe ist nicht garantiert, dass Ihr Antrag stattgegeben wird. Falls Sie sich also fragen „Warum bekommt mein Anwalt keine Akteneinsicht?“ lohnt sich ein Blick in § 406e Abs. 2 StPO, in der die Gründe für eine Verweigerung der Akteneinsicht genannt werden:
Die Einsicht in die Akten ist zu versagen, soweit überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen entgegenstehen. Sie kann versagt werden, soweit der Untersuchungszweck, auch in einem anderen Strafverfahren, gefährdet erscheint. Sie kann auch versagt werden, wenn durch sie das Verfahren erheblich verzögert würde, es sei denn, dass die Staatsanwaltschaft […] den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat.
Gleichzeitig verursacht anwaltliche Hilfe natürlich zusätzliche Kosten gemäß des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Diese sollten Sie berücksichtigen, wenn Sie Akteneinsicht beantragen. Wir haben alle erwartbaren Kosten für Sie in einer Tabelle zusammengefasst:
Gericht verweigert die Akteneinsicht: Was kann ich tun?
Es gibt keine Garantie für die Zulassung zur Einsicht in Ermittlungsakten – egal, ob Sie mit oder ohne anwaltliche Hilfe agieren. Natürlich haben Sie aber die Möglichkeit, gegen einen verwehrten Antrag vorzugehen.
Sofern Ihnen ohne triftigen Grund eine Akteneinsicht verwehrt wurde, können Sie diesen Entschluss gerichtlich anfechten. Hierfür müssen Sie einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung beim zuständigen Amtsgericht stellen.
Auch für diesen Antrag gelten keine Fristen. Allerdings müssen für die Zulässigkeit folgende Voraussetzungen erfüllt werden:
- Vermerkung des abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft in der Akte.
- Dem Antrag geht eine unzulässige Verwehrung von Akteneinsicht voraus.
- Der Beschuldigte befindet sich in Haft.
Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Entscheidung der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts erfolgreich angefochten werden.
Was passiert nach der Akteneinsicht?
Wenn Sie einen erfolgreichen Antrag auf Einsicht in Ihre Akten gestellt haben, haben Sie denselben Kenntnisstand wie die Staatsanwaltschaft oder das Gericht. Daher können Sie im Anschluss ggf. gemeinsam mit Ihrem Anwalt Ihr weiteres Vorgehen planen.
Dafür bieten sich unterschiedliche Strategien an. Diese sind abhängig von der Aktenlage und was Ihnen als Beschuldigten vorgeworfen wird. Folgende Möglichkeiten können Sie nach erfolgter Sicht in die Akten wahrnehmen:
- Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens durch Veranlassen weiterer Ermittlungen oder eigene Ermittlungen
- Eigene Einlassung zum Tatverdacht zur Beeinflussung der Ermittlungsergebnisse
- Schriftliche Stellungnahme zum Tatvorwurf, die ggf. zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens führen könnte
- Wenn Sie schuldig sind: Frühzeitiges Geständnis ablegen und Strafmilderung erzielen
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