FAQ: Verbotsirrtum
Laut Definition liegt ein Verbotsirrtum vor, wenn dem Täter die Einsicht fehlt, bei seiner Tat Unrecht zu tun. Hier erklären wir diesen Irrtum anhand eines Beispiels.
Ja. Ein Erlaubnisirrtum (indirekter Verbotsirrtum) liegt vor, wenn der Irrende den Sachverhalt zwar richtig erfasst, geht aber davon aus, dass sein Verhalten gerechtfertigt ist. Tatsächlich existiert der von ihm angenommene Rechtfertigungsgrund nicht oder nicht in dieser Form.
Bei einem Tatbestandsirrtum irrt sich der Täter über den Sachverhalt, z. B. über sein Opfer. Bei einem Verbotsirrtum irrt er über die rechtliche Bewertung seines Handelns.
Inhaltsverzeichnis
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Wann liegt ein Verbotsirrtum vor? Beispiele
Beginnen wir mit einem Beispiel: Egon erzählt seiner Ehefrau Marie, dass er einen Juwelier ausrauben und anschließend erschießen will. Marie ist überzeugt, dass Egon es ernst meint.
Trotzdem informiert sie weder die Polizei noch versucht sie, Egon von seinem Plan abzuhalten. Sie geht davon aus, dass sie als Ehefrau nicht dazu verpflichtet ist.
In diesem Fall macht sich die Ehefrau wegen Nichtanzeige einer geplanten Straftat nach § 138 I Nr. 5, 7 StGB strafbar. Ein Strafausschließungsgrund nach § 139 III StGB liegt nicht vor. Denn selbst, wenn sich die Ehefrau ernsthaft darum bemüht hätte, ihren Mann von der Straftat abzuhalten, würde dies bei einem Mord oder Totschlag nicht ausreichen.
Die Ehefrau Marie darf nur bestraft werden, wenn man ihr dieses unrechtmäßige Verhalten persönlich vorwerfen kann. Das ist eine Frage der Schuld. An dieser Stelle kommt der Verbotsirrtum ins Spiel, also die Einsicht, bei der Tatbegehung – hier die Nichtanzeige des Raubmordes – Unrecht zu tun. Denn die Ehefrau ging davon aus, dass sie aufgrund ihrer Beziehung zum Täter nicht dazu verpflichtet sei, die geplante Tat anzuzeigen.
Bei einem Verbotsirrtum irrt der Täter über die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens. Das heißt:
- Er kennt die Verbotsnorm nicht: Ein Unternehmer verbrennt auf seinem Firmengelände chemische Abfälle, weil ihm der Straftatbestand des § 326 StGB unbekannt ist und er davon ausgeht, dass er als Eigentümer jeglichen Müll auf seinem Grundstück verbrennen darf.
- Der Täter hält das Verbot für ungültig: Der Unternehmer kennt zwar die Strafnorm des § 326 StGB, geht aber davon aus, dass diese Vorschrift unrechtmäßig in sein Grundrecht auf Eigentum verstößt und damit verfassungswidrig ist.
- Er legt die Norm falsch aus, sodass er sein tatsächlich strafbares Verhalten für zulässig hält: Für jedes getrunkene Bier macht der Wirt einen Strich auf dem Bierdeckel seines Kunden. Der glaubt nicht, dass es sich bei diesem Deckel um eine Urkunde handelt und radiert eine Striche wieder weg.
Vermeidbarer Verbotsirrtum: Definition & Rechtsfolge
Ein vermeidbarer Verbotsirrtum liegt nur vor, wenn dieses Unrecht für jeden und damit auch für den Täter erkennbar war oder wenn er rechtlichen Rat hätte einholen können.
Hätte der Täter seinen Irrtum vermeiden können, so handelt er mit Schuld und wird entsprechend bestraft. Allerdings kann das Gericht seine Strafe mildern. Nur ein unvermeidbarer Verbotsirrtum führt mangels Schuld zur Straflosigkeit. Er ist jedoch extrem selten.
Indirekter Verbotsirrtum: Definition und Beispiel
Der indirekte Verbotsirrtum ist ein Erlaubnisirrtum. Der Täter erkennt zwar, dass sein Verhalten eigentlich rechtswidrig ist. Er geht aber davon aus, dass zu seinen Gunsten ein Rechtfertigungsgrund greift, der in Wirklichkeit aber gar nicht oder zumindest nicht in dieser Form existiert.
Beispiel: A will B verprügeln. Um sich zu verteidigen, schießt B dem A mit einer Pistole ins Knie. Dabei hätte er den Angriff des A auch mit einem Faustschlag beenden können. B ist allerdings davon ausgegangen, dass sein Recht auf Notwehr auch das Recht umfasst, sich jederzeit mit einer Waffe zu wehren.
Auch in diesem Fall ist § 17 StGB anwendbar mit der Folge, dass der Täter nur dann schuldlos handelt, wenn sein Irrtum vermeidbar war.
Unterschied zwischen Tatbestandsirrtum und Verbotsirrtum
Bei einem Tatbestandsirrtum irrt sich der Täter über den Sachverhalt und bei einem Verbotsirrtum über die rechtliche Bewertung dieses Sachverhalts.
Ein typischer Tatbestandsirrtum ist der „Error in persona (vel in objecto)“: Der Täter will den A erschießen, verwechselt ihn aber mit dessen Bruder B und tötet stattdessen diesen. Hier irrt sich der Täter über die Identität seines Opfers. Trotzdem macht er sich wegen Mordes oder zumindest wegen Totschlags strafbar, weil er einen Menschen getötet hat. Auf dessen Identität kommt es nicht an.
Wollte der Täter stattdessen den Hund seines Nachbarn erschießen, aber keinen Menschen), dann ist der Irrtum beachtlich. Hier liegt kein Totschlag vor, sondern fahrlässige Tötung.
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