Kinder sind leichte Opfer. Sie können Gefahren noch nicht richtig einschätzen, sind in der Regel körperlich unterlegen und müssen auch den Umgang mit Konflikten erst lernen. Aus diesem Grund sind sie psychologisch, körperlich und sozial besonders schutzbedürftig. Doch auch Menschen, die aufgrund ihrer Gebrechlichkeit oder wegen einer Krankheit wehrlos sind, stehen unter besonderem Schutz. So ist unter anderem die Misshandlung Schutzbefohlener im Strafrecht nach § 225 StGB unter Strafe gestellt.
Betroffene Opfer einer solchen Straftat können darüber hinaus Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Täter verlangen. Der folgende Ratgeber fasst die wichtigsten Fakten zum Schmerzensgeld wegen Misshandlung Schutzbefohlener zusammen. Er erklärt vor allem, worauf Anspruchsberechtigte bei der Geltendmachung ihrer Schmerzensgeldforderung achten sollten.
Inhaltsverzeichnis
Vor Klärung der Frage nach Schmerzensgeld: Straftatbestand der Misshandlung Schutzbefohlener
Personen, die gegenüber diesen Schutzbedürftigen eine Sorgepflicht trifft, machen sich wegen der Misshandlung Schutzbefohlener strafbar, wenn sie diese quälen, roh misshandeln oder böswillig vernachlässigen.
Wird ein Beschuldigter wegen dieses Deliktes verurteilt, so erwartet ihn nicht immer nur eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Im sogenannten Adhäsionsverfahren kann der Verletzte der Straftat auch ein Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Misshandlung Schutzbefohlener geltend machen.
Dieses Verfahren ermöglicht es dem Opfer, diese vermögensrechtlichen Ansprüche, die ihm aufgrund der Straftat entstanden sind, bereits im Strafverfahren geltend zu machen. Das Zivilgericht muss dafür nicht mehr eingeschaltet werden. Dies erspart dem Schutzbefohlenen eine weitere Klage und Beweisführungen.
Der Tatbestand des § 225 Abs. 1 StGB ist nicht ganz leicht zu verstehen. Er ist recht umfangreich und sieht verschiedene Möglichkeiten vor.
Zu den Tatbestandsvoraussetzungen gehören die folgenden Faktoren:
- Person unter 18 Jahren oder wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person
- Opfer untersteht einer besonderen Sorgepflicht im Sinne von § 225 Abs. 1 StGB
- quälen oder roh misshandeln oder
- Gesundheitsschädigung durch böswillige Vernachlässigung seiner Fürsorgepflicht
- Vorsatz (Achtung: Fahrlässigkeit genügt nicht, um eine Misshandlung Schutzbefohlener anzunehmen.)
Wer sind Schutzbefohlene?
Zu der besonders schutzwürdigen Gruppe gehören:
- leibliche und adoptierte minderjährige Kinder und
- Menschen, die aufgrund physischer Beeinträchtigungen, Alter, Krankheit oder einer Behinderung wehrlos sind.
Zwischen Täter und Opfer muss weiterhin ein besonderes Schutzverhältnis bestehen, beispielsweise in der Familie, im Pflegeheim oder auch am Arbeitsplatz. Hierunter fallen folgende Personengruppen:
- Eltern oder der Vormund
- Babysitter
- Erzieher und Lehrer
- Betreuer und Pfleger
- Mitarbeiter des Jugendamts
- Mitarbeiter eines Krankenhauses oder Pflegeheims
- Arbeitgeber
Die Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Misshandlung Schutzbefohlener
Der Anspruch auf Schmerzensgeld aufgrund einer Misshandlung Schutzbefohlener kann auf zwei Wegen geltend gemacht werden.
- im bereits erwähnten Adhäsionsverfahren vor dem Strafgericht
- in einem vom strafgerichtlichen Verfahren getrennten Zivilprozess
Das Adhäsionsverfahren hat den Vorteil, dass sich der Schutzbefohlene einen weiteren Prozess und damit eine zusätzliche psychisch belastende Prozedur spart. Zwar kann das Opfer auch im Nachhinein seine Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche vor dem Zivilgericht geltend machen. Neben dem Zeitaufwand muss der Verletzte dann unter Umständen Darlegungs- und Beweislastregeln in Kauf nehmen, die für ihn nachteilig sind. Denn grundsätzlich muss derjenige, der zivilrechtliche Ansprüche geltend macht, die Tatsachen vortragen und beweisen, die seine Forderungen dem Grunde und der Höhe nach begründen.
Verletzte könnten davon ausgehen, dass ein Geständnis des Angeklagten als Beweis für die Misshandlung Schutzbefohlener genüge. Doch das ist nicht unbedingt der Fall, wie aus einem Urteil des Landgerichts Köln hervorgeht. In einem Leitsatz des Urteils (LG Köln, Urteil vom 21.04.2008, Az. 2 O 684/06) heißt es:
“Hat ein Angeklagter in einem Strafverfahren ein Geständnis abgelegt, so kommt diesem in einem anschließenden Zivilrechtsstreit keine Bindungswirkung zu; das Geständnis ist lediglich im Rahmen einer freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO zu berücksichtigen.”
Für die Opfer der Straftat kann dies weitreichende Folgen haben: Es besteht zwar die Möglichkeit, dass das Zivilgericht dem Geständnis eine große Beweiskraft zugesteht und dies ausreichen lässt. Es kann aber auch zu dem Schluss kommen, dass dieses Geständnis aus dem Strafverfahren für die Anerkennung eines Schmerzensgeldanspruchs nicht ausreicht (LK Köln, NStZ-RR 200, S. 182).
Höhe vom Schmerzensgeld nach einer Misshandlung Schutzbefohlener
Konkrete Aussagen darüber, wie hoch das Schmerzensgeld nach einer solchen Straftat jeweils ausfällt, können an dieser Stelle nicht gemacht werden. Der Richter berücksichtigt verschiedene Faktoren bei der Ermittlung der Höhe.
Tanja sagt
Welche Chancen bestehen, wenn ein seelischer Missbrauch von Grosseltern an das Enkelkind vorliegt? Hätte das Kind Anspruch auf Schmerzensgeld? Lange Thrapiezeit + Klinikaufenthalt waren nötig um das Kind wieder stabil zu kriegen.
Koerperverletzung.com sagt
Hallo Tanja,
welche Chancen bestehen, einen Anspruch geltend zu machen, können wir rechtlich nicht beurteilen. Es kann durchaus ein Anspruch bestehen, doch das sollten Sie am besten gemeinsam mit einem Anwalt abklären. Eine rechtliche Beratung dürfen wir nicht anbieten.
Ihr Koerperverletzung.com-Team
Siggi sagt
Hallo ich bin geschadigter durch meinen ehem Betreuer eines Kinderheim.
Die Taten wurden mittlerweile verhandelt und das OLG hat ihn zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Täter ging natürlich in revision allerdings beantragte der generalbundesanwalt beantragte die Revision abzulehnen.
Bin geschadigter in 3 Fällen, besteht eine Möglichkeit auf Schmerzensgeld wenn ja in welcher Höhe durchschnittlich?
Klaus sagt
Hallo, gibt es Fristen und Verjährung.?
Hat zB. ein junger Erwachsener eine Chancen auf Schmerzensgeld, wenn er seine (Stief-) Eltern wegen Misshandlung und Vernachlässigung in der Kindheit und Jugend anklagt.?
Und müssen die Eltern bei einer Verurteilung tatsächlich zahlen, wenn sie finanziell nicht so gut dastehen.?
Danke im Voraus.
OlliK sagt
Ja, es gibt Fristen. Anzeige deswegen: Umso früher umso besser.
Dann kommt es noch auf die Kombination der Straftaten an. Meist wird die mit der längsten Verjährungsfrist herangezogen.
In meinem Falle habe ich leider erst 25 Jahre nach den Taten, die zwischen dem 7 und 16 Lebensjahr erfolgten, Anzeige gestellt. Leider viel zu spät. Es betraf nebst der Kindsmisshandlung, die Unterschlagung von Kindsvermögen und schwere Körperverletzung.
Warte jetzt auf die Entscheidung des Landesversorgungsamts wegen OEG.
Sorgenvoll sagt
Wie ist das, wenn ein gesetzlicher Betreuer der zudem Anwalt ist, sich die psychische Erkrankung zum Nutzen macht und die Person solange überall bloß stellt, daß sie nicht mehr ernst genommen wird, egal wie oft sich die Betreute beschwerte. Wenn dann die Betreuerin die Betreute manipuliert, was auf Grund ihrer Erkrankung leicht ist und sie inzwischen hörig handelt, ganz gleich was die Betreuerin verlangt. So bspw.auch die Beziehung beendete, ihre Wünsche, Job, alles aufgab und geforderte, egal wie Strafbar umsetzt. Letztenendes die Betreute sogar noch nutze um gegen den bis dato Partner vor zu gehen?!
Betreuerin um so handeln zu können sogar ein Gutachten hat abändern lassen, was die sofortige Unterbringung und Isolierung zur Familie ermöglichte. Was steht hierbei den Opfern zu? Einmal der psychisch instabilen Betreuten, die dadurch alles verlor und sogar Strafbar handelt. Aber auch dem Partner dem ebenfalls alles genommen wurde, Verleumdet, gemobbt, genötigt bis hin zu finanziellen großen Auswirkungen.
Dankeschön
Katharina sagt
Hallo,
Wie funktioniert ein Verfahren, wenn der Kläger über 30 J. Ist und in der Kindheit jahrelang vom Vater und Stiefmutter misshandelt wurde?