FAQ: Zeugenvernehmung
Zeugenvernehmung ist laut Definition das Herbeiführen einer Zeugenaussage durch die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder das Gericht.
Eine (schriftliche) Vorladung zur Zeugenvernehmung ist laut StPO (§ 163 III) verbindlich, wenn die Staatsanwaltschaft die Vernehmung durch die Polizei angeordnet hat. Hier erfahren Sie mehr.
Ein Anwalt prüft, ob Ihnen ein Auskunfts- oder Zeugnisverweigerungsrecht zusteht und schützt Sie vor belastenden Äußerungen. Eine Checkliste mit Tipps finden Sie an dieser Stelle.
Inhaltsverzeichnis
Definition und Ablauf einer Zeugenvernehmung
Zeugen spielen als persönliche Beweismittel eine große Rolle im Strafverfahren. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung einer Straftat, indem sie ihre eigenen Wahrnehmungen zu einem bestimmten Sachverhalt schildern.
Während Augenzeugen darüber berichten können, wie sie den Tathergang visuell wahrgenommen haben, können Alibizeugen den Beschuldigten entlasten und z. B. bestätigen, dass dieser zur Tatzeit nicht am Tatort, sondern ganz woanders war.
Wenn Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht einen Zeugen zur Aussage veranlassen wollen, müssen sie den gesetzlichen vorgeschriebenen Ablauf der Zeugenvernehmung einhalten:
- Einführung in den Sachverhalt
- Belehrung des Zeugen über sein Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht
- Belehrung über die Folgen einer wahrheitswidrigen Aussage (bei einer richterlichen Vernehmung)
- Vernehmung zur Person (Name, Alter, Wohnort, Beruf)
- Vernehmung zum Sachverhalt
- ggf. Vereidigung (bei einer richterlichen Vernehmung)
Wenn Sie als Zeuge vorgeladen werden, dann erhofft sich die Ermittlungsbehörde, dass Sie mit Ihrer Aussage etwas zu den Ermittlungen gegen eine andere Person beitragen können. Gegen Sie selbst besteht also (noch) kein Tatverdacht. Das kann sich aber im Laufe eines Verfahren ändern, sodass Sie selbst zum Beschuldigten werden, etwa weil Sie sich bei der Zeugenvernehmung lügen oder sich zu einer unbedachten Aussage haben hinreißen lassen.
Der Beschuldigte ist die verdächtige Person, gegen die sich die Strafermittlungen richten. Der Zeuge hingen ist jemand, der ein bestimmtes Geschehen beobachtet oder wahrgenommen hat und darüber berichten kann. Seine Aussage ist für die Aufklärung des Sachverhalts wichtig. Wird ein Zeuge zum Beschuldigten, so darf er nicht mehr als Zeuge vernommen werden.
Vorladung zur Zeugenvernehmung durch Polizei & Co.
Werden Sie als Zeuge zu einer Vernehmung vorgeladen, so gilt Folgendes:
- Einer polizeilichen Vorladung müssen Sie in der Regel nicht Folge leisten, auch wenn das Schreiben einen anderen Eindruck erweckt.
- Erfolgt die polizeiliche Zeugenvernehmung allerdings im Auftrag der Staatsanwaltschaft, sind Sie laut § 163 III StPO verpflichtet, den anberaumten Termin wahrzunehmen. Bleiben Sie der Vernehmung unentschuldigt fern, können Sie zwangsweise vorgeführt werden. Die Polizei wird Sie dann zum Termin bringen.
- Sie müssen auch dann zum anberaumten Termin erscheinen, wenn Sie direkt von der Staatsanwaltschaft geladen werden.
- Auch der Ladung zur Zeugenvernehmung vor Gericht müssen Sie nachkommen. Tun Sie das nicht, riskieren Sie ein Ordnungsgeld oder eine zwangsweise Vorführung.
Wichtig! Ob die Ladung von der Staatsanwaltschaft angeordnet wurde, ist im Schreiben vermerkt. Zeigen Sie das Dokument am besten einem Rechtsanwalt, wenn Sie unsicher sind.
Wahrheits- und Aussagepflicht bei einer Zeugenvernehmung
Anders als der Beschuldigte sind Sie als Zeuge verpflichtet auszusagen. Sie dürfen Ihre Aussage bei der Zeugenvernehmung weder verweigern noch lügen. Weigern Sie sich unberechtigt, können Ordnungsmittel gegen Sie verhängt werden.
Wenn Sie lügen, machen Sie sich unter Umständen strafbar:
- wegen einer Falschaussage, wenn Sie vor Gericht die Unwahrheit sagen oder
- wegen falscher Verdächtigung bzw. Strafvereitelung, wenn Sie vor der Polizei oder Staatsanwaltschaft lügen.
Sie dürfen die Aussage bei der Zeugenvernehmung nur verweigern, wenn Ihnen ein Aussage- oder Verweigerungsrecht zusteht:
- Zeugnisverweigerungsrecht, § 52 StPO: Schützt Zeugen vor einem Gewissen- und Interessenkonflikt, die durch ihre Aussage sonst den beschuldigten Angehörigen müssten. Es gilt z. B. für (geschiedene) Ehegatten und Lebenspartner, Verlobte, Eltern, Kinder, Großeltern, Enkel und Geschwister, aber nicht für Cousins, Cousinen und Pflegeeltern bzw. -kinder.
- Zeugnisverweigerungsrecht, § 53 StPO: Schützt Berufsgeheimnisträger, weil ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und den Hilfe- bzw. Ratsuchenden besteht, z. B. Geistliche, Verteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte, Apotheker und Psychotherapeuten. Diese Personengruppen müssen gar keine Aussage machen. Bei einem Verstoß gegen ihre Schweigepflicht machen sie sich nach § 203 StGB strafbar.
- Auskunftsverweigerungsrecht, § 55 StPO: Niemand ist verpflichtet, sich selbst zu belasten. Deshalb dürfen Sie der Zeugenvernehmung keine Fragen beantworten, wenn Sie dadurch sich oder einen Angehörigen in die Gefahr bringen, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
Eine Pflicht zur Belehrung vor der Zeugenvernehmung besteht nur im Hinblick auf § 52 und § 55 StPO, während Berufsgeheimnisträger in der Regel nicht über ihr Zeugnisverweigerungsrecht belehrt werden müssen. Werden Angehörige nicht (richtig) über ihre Rechte nach § 52 StPO belehrt, so ist die während der Vernehmung gemachte Aussage unverwertbar.
Checkliste mit Tipps für Ihre Zeugenvernehmung
Vor der Vernehmung:
- Bewahren Sie Ruhe.
- Lassen Sie ggf. von einem Anwalt prüfen, ob Ihnen ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht zusteht.
- Gehen Sie gedanklich noch einmal durch, was Sie zum Geschehen gesehen oder gehört haben. Jedes Detail zählt.
- Bereiten Sie sich vor, sodass Sie Ihre Wahrnehmungen klar schildern können.
- Lassen Sie sich ggf. anwaltlich beraten, um Fehler und unbedachte Äußerungen bei der Zeugenvernehmung zu vermeiden.
Während der Vernehmung:
- Bleiben Sie ruhig und höflich.
- Beantworten Sie nur die Fragen, die Ihnen gestellt werden.
- Geben Sie ruhig zu, wenn Sie sich an etwas nicht mehr erinnern oder wenn Sie etwas nicht gesehen oder gehört haben.
- Vermeiden Sie Spekulationen und Mutmaßungen.
- Lassen Sie sich nicht zu voreiligen oder emotionalen Aussagen verleiten.
- Wenn Sie Ihr Zeugnisverweigerungsrecht wahrnehmen, müssen Sie dies nicht begründen – auch nicht auf Nachfrage der Vernehmungsperson. Anderenfalls laufen Sie Gefahr, Ihren verwandten Beschuldigten zu belasten.
- Ziehen Sie ggf. einen Anwalt hinzu. Sie haben bei der Zeugenvernehmung das Recht auf einen Zeugenbeistand.
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