FAQ: Vernehmung
Die Vernehmung ist ein wichtiges Mittel zur Aufklärung eines Sachverhalts im Strafverfahren. Sie dient dazu, Informationen, Aussagen und Beweise zu sammeln, um die Wahrheit zu ermitteln.
Je nachdem, wer die Befragung verordnet, besteht die Erscheinungspflicht. Eine polizeiliche Vernehmung müssen Zeugen oder Beschuldigte nicht antreten. Wer einer staatsanwaltlichen oder richterlichen Befragung nachgehen muss, erklären wir hier.
Beschuldigte haben während einer Vernehmung u. a. das Schweigerecht und das Recht auf einen Anwalt. Die Rechte der Zeugen führen wir in dieser Tabelle auf.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Vernehmung im Sinne der StPO?
Laut Definition ist eine Vernehmung eine offizielle Befragung einer Person. Sie wird in der Regel durch die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder das Gericht ausgeführt. Die Befragten können sowohl Zeugen als auch Beschuldigte sein.
Das deutsche Gesetz legt unterschiedliche Voraussetzungen fest, je nachdem, ob es sich um eine Zeugenvernehmung oder eine Beschuldigtenvernehmung handelt. In beiden Fällen stehen den zu vernehmenden Personen eine Reihe Rechte zu. Die untenstehende Tabelle veranschaulicht einige dieser Rechte.
Ziel der Vernehmung ist laut Definition des BGH die Gewinnung einer Aussage. Sie sammelt also Beweise oder zusätzliche Informationen zu einer Tat, um den Ermittlern dazu zu verhelfen, in ihrer Ermittlung fortzuschreiten. Während der Befragung werden alle Antworten aufgezeichnet.
Was ist der Unterschied zwischen einer Anhörung und einer Vernehmung?
Bei der Vernehmung wird ein Sachverhalt aktiv ermittelt, beispielsweise durch die Polizei oder das Gericht im Strafverfahren. Die Anhörung hingegen bietet die Gelegenheit, sich zu einem Sachverhalt zu äußern, etwa vor einer behördlichen Entscheidung. Dabei wird der Sachverhalt nicht im Detail untersucht.
Was sind die Unterschiede zwischen der Zeugen- und Beschuldigtenvernehmung?
Während einer Zeugenvernehmung nach § 68 StPO wird eine Person befragt, die die Tat wahrgenommen hat. Sie selbst ist kein Beschuldigter, sondern verhilft dem Gericht oder der Polizei, die Wahrheit aufzudecken.
Bei einer Vernehmung als Beschuldigter gemäß § 136 StPO hat der Beschuldigte die Chance, sich zu verteidigen. Das bedeutet, dass diese Arte der Befragung nicht nur dazu dient, den Verdacht aufzuklären, sondern auch ihn zu entkräften oder entlastende Umstände vorzubringen (z. B. ein Alibi).
Beide Formen haben unterschiedliche Merkmale und Richtlinien, an die sich die Behörden halten müssen. Folgende Tabelle veranschaulicht die Hauptunterschiede.
Aspekt | Beschuldigtenvernehmung | Zeugenvernehmung |
---|---|---|
Zweck der Vernehmung | Aufklärung des Tatvorwurfs, Möglichkeit zur Entlastung | Feststellung der Wahrheit durch Aussage Dritter |
Schweigerecht | Ja, aufgrund der Aussagefreiheit und des Selbstbelastungsverbots | Nein, aufgrund der Aussagepflicht (Ausnahme besteht nur im Falle des Zeugnis- oder des Auskunftsverweigerungsrechts) |
Ist die Belehrung erforderlich? | Ja, die Belehrung muss alle Rechte umfassen | Ja, Angaben zur Person und Hinweise auf die Schutzrechte |
Möglichkeit zum Identitätsschutz | Nein | Ja, bei Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit |
Recht auf einen Verteidiger | Ja, zu jedem Zeitpunkt | Nein |
Verpflichtung zur Wahrheit | Nein | Ja, jede Falschaussage ist strafbar |
Wer führt die Vernehmung aus?
Die Vernehmung kann von verschiedenen Staatsverfolgungsbehörden durchgeführt werden. Es unterscheiden sich vor allem die polizeiliche, staatsanwaltliche und richterliche Vernehmung. Folgende Abschnitte erklären die unterschiedlichen Vernehmungen genauer.
Die polizeiliche Vernehmung
Eine Vernehmung durch die Polizei folgt in der Regel einem festgelegten Ablauf. Die zu vernehmende Person wird durch eine Vorladung eingeladen. Betroffene sind nicht gezwungen, ihr Folge zu leisten. Tun sie dies, werden beim Eintreffen alle relevanten Daten zur Person aufgenommen.
Während der eigentlichen Vernehmung stellt die Polizei klare Fragen, die ihnen verhelfen, den Sachverhalt zu klären. Sämtliche Aussagen der Beschuldigten bzw. Zeugen werden protokolliert und können im Verfahren als Beweismittel genutzt werden. Dieses Protokoll wird den Befragten am Ende zur Kontrolle, Ergänzung oder Korrektur vorgelegt.
Beschuldigte werden zudem vor der Vernehmung über ihre Rechte belehrt. Passiert dies nicht, sind alle Aussagen, die aufgenommen werden, gegenstandslos.
Die Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft
Eine staatsanwaltliche Vernehmung wird seltener ausgeführt. Oft werden Personen, deren Aussagen oder Befragungen besonders wichtig sind, von der Staatsanwaltschaft vorgeladen. Zeugen und Beschuldigte sind verpflichtet, der Vorladung in diesem Fall nachzugehen. Für Zeugen ist diese Pflicht in § 161a Abs. 1 StPO verankert, für Beschuldigte in § 163a Abs. 3 StPO.
Obwohl Beschuldigte zu diesem Termin erscheinen müssen, sind sie nicht verpflichtet, eine Aussage abzugeben oder sich in jeglicher Art und Weise zu äußern. Sie sind nämlich berechtigt, zu schweigen. Zeugen müssen hingegen wahrheitsgemäß aussagen.
Die richterliche Vernehmung
Ähnlich wie bei der staatsanwaltschaftlichen Befragung sind sowohl Beschuldigte als auch Zeugen verpflichtet, bei der richterlichen Befragung zu erscheinen.
Zeugen, die nicht zur Vernehmung erscheinen, droht in diesem Fall ein Ordnungsgeld oder eine Ordnungshaft. Gegen Beschuldigte, die nicht erscheinen, wird ggf. eine Zwangsvorführung angeordnet.
Die Regelungen für die richterliche Vernehmung sind in StPO festgelegt. Folgende Punkte sind laut § 168c StPO zu beachten:
- Die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger dürfen bei der richterlichen Vernehmung des Beschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen anwesend sein
- Der Richter kann den Beschuldigten von der Vernehmung ausschließen, z. B. wenn ein Zeuge sich sonst nicht traut, die Wahrheit zu sagen
- Beteiligte müssen vorzeitig über die Befragung benachrichtigt werden, außer, der Untersuchungserfolg würde dadurch gefährdet werden
- Ein Recht auf Terminverlegung bei Verhinderung besteht nicht
Wie lange darf eine Vernehmung dauern?
Eine gesetzliche Obergrenze, die bestimmt, wie lange eine Vernehmung dauern darf, ist nicht festgelegt. Zu vernehmende Personen werden jedoch durch einige Richtlinien geschützt. Beispielsweise muss die Befragung ohne unnötige Verzögerung stattfinden. Dies ist vor allem wichtig, wenn es sich bei der Person um einen Beschuldigten handelt, der festgenommen wurde.
Sonderfall: Die Vernehmung von Kindern
Kinder, die Teil der Vernehmung sind, sind durch eine Vielzahl von Richtlinien geschützt. § 241a StPO, § 19 RiStBV und PDV 382 legen unter anderem die Rechtsgrundlage dazu fest.
Die Grundlagen zur Vernehmung von Kindern durch die Polizei sind in PDV 382 Nr. 3.6.4 festgelegt. Zum einen ist die Anwesenheit von Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertreten rechtlich gewährt.
Um eine Beeinflussung des Kindes zu vermeiden, ist es ggf. sinnvoll oder notwendig, das Kind allein zu vernehmen. Dies passiert jedoch nur nach einer Absprache mit den Erziehungsberechtigten.
Bei Jugendlichen, die bei der Befragung als Beschuldigte erscheinen, haben Erziehungsberechtigte und gesetzliche Vertreter ebenso das Recht, anwesend zu sein und sogar mitzuwirken.
Findet eine richterliche Vernehmung statt, werden Kinder ausschließlich vom Vorsitzenden Richter befragt. So sieht es § 241a Abs. 1 vor. Andere Verfahrensbeteiligte wie beispielsweise z. B. die Staatsanwaltschaft, Verteidigung oder der Angeklagte dürfen keine direkten Fragen stellen. Das Ziel dabei ist, Minderjährige vor erhöhtem Druck und Überforderung zu bewahren.
Der besondere Umgang mit Kindern während eines Verfahrens wird des Weiteren in § 19 RiStBV festgelegt. Folgende Punkte dienen dabei dem emotionalen und psychischen Schutz der Kinder:
- Kinder und Jugendliche sollen nicht mehrfach vernommen werden.
- Eine audiovisuelle Aufnahme der Vernehmung soll von Kindern unter 18. Jahren gemacht werden, um diese in der Hauptverhandlung wiederverwenden zu können.
- Es wird früh geprüft, wie glaubwürdig das Kind oder der Jugendliche ist.
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