FAQ: Öffentlichkeitsfahndungen
Die Polizei verbreitet Informationen über gesuchte Personen, z. B. Fotos, Phantombilder und Personenbeschreibungen, in der Öffentlichkeit und bittet die Bevölkerung um Hinweise. Hier lesen Sie mehr dazu.
Die §§ 131 ff. StPO gestatten eine Öffentlichkeitsfahndung zum Zweck der Strafverfolgung. Die Anordnung einer Vermisstensuche erfolgt auf Grundlage der Polizeigesetze der Bundesländer.
Nur das Gericht darf eine Öffentlichkeitsfahndung zur Aufenthaltsermittlung sowie die Veröffentlichung von Bildern des Beschuldigten oder Zeugen anordnen. Genaueres lesen Sie an dieser Stelle.
Inhaltsverzeichnis
Was passiert bei einer Öffentlichkeitsfahndung der Polizei?

Bei einer solchen Fahndung sucht die Polizei gezielt nach Informationen, Personen oder Sachen und bittet dafür die Bevölkerung um Unterstützung.
Die Ansprache der Allgemeinheit erfolgt in der Regel über:
- den Aushang von Steckbriefen
- Veröffentlichungen im Internet, insbesondere auf den Webseiten der Polizeibehörden und des BKA, sowie auf sozialen Netzwerken
- Durchsagen und Nachrichten im Radio und Fernsehen
- polizeiliche Hausbefragungen
Ziel der Öffentlichkeitsfahndung ist entweder die Gefahrenabwehr, also die Suche nach vermissten, hilflosen oder suizidgefährdeten Personen, oder die Strafverfolgung. Auch die Suche nach Personen, die eine Bedrohung für die Allgemeinheit darstellen, fällt hierunter.
Dabei gelten – je nach Zweck der Fahndung – unterschiedliche Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen: Versucht die Polizei per Öffentlichkeitsfahndung, eine vermisste Person zu finden, so muss sie das Polizeigesetz des Bundeslandes beachten. Im Rahmen der Strafermittlung und Strafverfolgung ist eine solche Fahndung nur unter den Voraussetzungen der §§ 131 ff. StPO zulässig.
Öffentlichkeitsfahndung: StPO als Rechtsgrundlage für die Strafverfolgung
In den §§ 131 ff. StPO ist die Fahndung zum Zweck der Strafverfolgung geregelt.
Der Gesetzgeber unterscheidet dabei streng zwischen einer Ausschreibung, bei der sich der Fahndungsaufruf nur an die Behörden richtet, und einer Öffentlichkeitsfahndung, bei der die Bevölkerung über verschiedene Medien um Mitwirkung gebeten wird.
- § 131 StPO regelt die Ausschreibung und Öffentlichkeitsfahndung zum Zweck der Festnahme eines Beschuldigten aufgrund eines Haft- oder Unterbringungsbefehls.
- § 131a StPO erlaubt die Fahndung zur Aufenthaltsermittlung eines Beschuldigten oder Zeugen sowie zur Sicherstellung des Führerscheins eines Beschuldigten und zur Durchführung prozessualer Maßnahmen.
- § 131b StPO ermöglicht die Veröffentlichung von Abbildungen eines Beschuldigten oder Zeugen, um deren Identität festzustellen und um die Aufklärung einer Straftat zu erleichtern.
Wer jeweils für die Fahndungsmaßnahmen zuständig ist, ergibt sich ebenfalls aus diesen Vorschriften oder aus § 131c StPO. Die öffentliche Identitätsfeststellungs- oder Aufklärungsfahndung nach § 131a III StPO und die Veröffentlichung von Abbildungen des Beschuldigten oder Zeugen gemäß § 131b StGB darf nur ein Richter anordnen – bei Gefahr im Verzug sind auch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen dazu befugt.
Für eine Öffentlichkeitsfahndung erforderliche Voraussetzungen laut §§ 131 ff. StPO

Eine Öffentlichkeitsfahndung zur Strafverfolgung ist nur strengen Bedingungen zulässig. Sie setzt Folgendes voraus:
- Straftat von erheblicher Bedeutung: Laut Bundesverfassungsgericht ist eine Straftat erheblich, wenn sie mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist, den Rechtsfrieden empfindlich stört und geeignet ist, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen“ (BVerfG, 2 BvR 298/12). Das gilt z. B. für terroristische Anschläge, sexuellen Missbrauch und Mord, nicht aber für kleinere Ladendiebstähle.
- Dringender Tatverdacht: Das heißt, nach dem aktuellen Ermittlungsstand ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich bei dem Beschuldigten um den Täter oder Teilnehmer der Straftat handelt.
- Subsidiarität: Die Öffentlichkeitsfahndung kommt nur in Betracht, wenn andere Formen der Sachverhaltsaufklärung bzw. Aufenthaltsermittlung „erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wären.“ Die Polizei muss zuerst mildere Maßnahmen ergreifen – auch dann, wenn sie etwas weniger geeignet sind. Ob diese Subsidiaritätsklausel greift, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
- Verhältnismäßigkeit: Zu guter Letzt müssen die Strafverfolgungsbehörden sorgfältig zwischen den schutzwürdigen Interessen des Beschuldigten bzw. Zeugen und dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Strafverfolgung abwägen.
Die Öffentlichkeitsfahndung nach einem Zeugen ist laut § 131a IV 3 ZPO nur zulässig, wenn außerdem „kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse des Zeugen entgegensteht“ und das Fahndungsziel ohne diese Fahndung nicht oder wesentlich schwieriger zu erreichen wäre.
Die Öffentlichkeitsfahndung greift stark in die Grundrechte der gesuchten Personen ein. Deshalb sind Polizei und Staatsanwaltschaft verpflichtet, zuerst mildere Maßnahmen zu ergreifen. Erste mögliche Schritte sind Zeugenvernehmungen, die Auswertung bereits vorhandener Spuren und andere polizeiliche Ermittlungen sowie Fahndungen in den Informationssystemen der Polizei. Erst wenn diese Maßnahmen ohne Erfolg bleiben, dürfen sich die Ermittlungsbehörden an die Öffentlichkeit wenden.
Öffentlichkeitsfahndung, um vermisste Personen aufzuspüren

Für die Suche nach vermissten Personen gelten andere Regeln – die Polizeigesetze der Bundesländer. Die unmittelbare Personensuche ist Aufgabe der örtlichen Polizei.
Eine Vermissten-Fahndung kommt aber nur in Betracht, wenn ….
- eine Person ihren gewohntes Lebensumfeld verlassen hat,
- ihr aktueller Aufenthaltsort unbekannt ist und
- eine Gefahr für Leib oder Leben anzunehmen ist (z. B. Hilflosigkeit, Suizidgefahr, Unfall, Opfer einer Straftat)
Besteht keine derartige Gefahr, so wird die Polizei auch keine Aufenthaltsermittlungen durchführen, weil jeder erwachsene Mensch das Recht hat, seinen Aufenthaltsort frei zu wählen – auch ohne Freunde oder Familie darüber zu informieren.
Bei Minderjährigen (unter 18 Jahren) geht die Polizei grundsätzlich von einer Gefahr für Leib oder Leben aus. Sie gelten schon dann als vermisst, wenn sie ihre gewohnte Umgebung verlassen haben und niemand weiß, wo sie sich aufhalten.
Bevor die Polizei eine Öffentlichkeitsfahndung einleitet, ergreift sie in der Regel erst folgende Maßnahmen:
- Suche in den örtlichen Krankenhäusern und Polizeidienststellen, z. B. für den Fall, dass die vermisste Person in einen Unfall verwickelt war
- groß angelegte Suche mithilfe der Bereitschaftspolizei, Bundespolizei oder Hundertschaften
- Einsatz von Hubschraubern und Suchhunden
- Zusammenarbeit mit lokalen Rettungsdiensten wie der Feuerwehr, dem Roten Kreuz und dem Technischen Hilfswerk (THW)
- Fahndungsausschreibung im „Informationssystem der Polizei“ (INPOL)
- Fahndung durch Interpol, wenn es Hinweise darauf gibt, dass sich die vermisste Person im Ausland aufhält

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