FAQ: Sexualstrafrecht in Deutschland
Eine Sexualstraftat ist laut Definition eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers.
Typische Sexualdelikte sind Vergewaltigung, sexueller Missbrauch und Zuhälterei. Weitere Straftaten listen wir hier auf.
Nimmt jemand an einer anderen Person sexuelle Handlungen gegen ihren erkennbaren Willen vor oder lässt sie vornehmen, so macht er sich strafbar.
Inhaltsverzeichnis
Was regelt das deutsche Sexualstrafrecht im StGB?
In den §§ 174 – 184l StGB definiert der Gesetzgeber strafbare Verhaltensweisen mit einem sexuellen Bezug – zum Schutz der individuellen sexuellen Selbstbestimmung.
Denn jeder Mensch hat das Recht, frei über seine sexuelle Orientierung, sexuelle Partner, Beziehungen und Praktiken zu entscheiden. Dieses Recht müssen andere Menschen respektieren.
Zum Sexualstraftrecht gehören unter anderem folgende Straftatbestände:
- Ausbeutung von Prostituierten
- Sexuelle Belästigung
- Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung
- Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungs-, Beratungs- oder Betreuungsverhältnisses
- Sexueller Missbrauch von Gefangenen
- Sexuelle Nötigung
- Sexueller Übergriff
- Upskirting und Downblousing
- Verbreitung pornografischer Inhalte
- Vergewaltigung
- Zuhälterei
- Zwangsprostitution
Sexualstrafrecht: Dem Jugendschutz zugeordnete Delikte
Kinder und Jugendliche stehen unter einem besonderen gesetzlichen Schutz. So sind unter anderem folgende Verhaltensweise strafbar:
- Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger
- Jugendgefährdende Prostitution
- Jugendpornografie (Verbreitung, Erwerb & Besitz)
- Kinderpornografie (Verbreitung, Erwerb & Besitz)
- Sexueller Missbrauch von Kindern
- Sexueller Missbrauch von Jugendlichen
- Verbreitung pornografischer Inhalte an Minderjährige
- Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern
Altersgrenzen im Sexualstrafrecht – Schutz der Minderjährigen
Sexuelle Handlungen mit Minderjährigen unter 14 Jahren sind immer strafbar – auch, wenn es dabei keinen Körperkontakt gab.
Jugendliche ab 14 Jahren entwickeln sich sexuell. Sie sollen und dürfen sich innerhalb eines geschützten Rahmens ausprobieren.
Ausschlaggebend für die Strafbarkeit der Handlung ist die Frage, ob …
- zwischen dem Jugendlichen und der anderen Person ein Obhutsverhältnis (z. B. Lehrer oder Eltern) besteht oder
- der Jugendliche tatsächlich selbstbestimmt und freiwillig gehandelt hat und
- ob der Jugendliche unter 16 oder unter 18 Jahren alt war.
Strafmaße im Sexualstrafrecht: Tabelle mit Straftatbeständen
Kinderpornografie (Verbreitung, Erwerb & Besitz) | Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren |
… gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande | Freiheitsstrafe nicht unter 2 Jahren |
Sexuelle Belästigung, § 184i StGB | Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe |
… besonders schwerer Fall | Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren |
Sexueller Missbrauch von Kindern | Freiheitsstrafe nicht unter 1 Jahr |
… ohne Körperkontakt zu dem Kind | Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren |
… Vorbereitung des Missbrauchs | Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren |
… schwerer sexueller Missbrauch | Freiheitsstrafe nicht unter 2 Jahren |
… mit Todesfolge | mindestens 10 Jahre oder lebenslange Freiheitsstrafe |
Sexueller Missbrauch von Jugendlichen | Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe |
Sexuelle Nötigung, § 177 V StGB | mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe |
… mit Todesfolge | mindestens 10 Jahre oder lebenslange Freiheitsstrafe |
Sexueller Übergriff, § 177 I StGB | Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren |
… mit Todesfolge | mindestens 10 Jahre oder lebenslange Freiheitsstrafe |
Upskirting | Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe |
Vergewaltigung | Freiheitsstrafe nicht unter 2 Jahren |
… mit Todesfolge | mindestens 10 Jahre oder lebenslange Freiheitsstrafe |
Wann verjährt eine Sexualstraftat?
Es gibt keine einheitliche Verjährungsfrist im Sexualstrafrecht. Vielmehr muss ein Rechtsanwalt im Einzelfall prüfen, ob die Straftat bereits verjährt ist, weil in bestimmten Fällen Sonderregelungen greifen.
Laut § 78b I Nr. 1 StGB ruht die Verjährung zum Beispiel bei sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung „bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers.“
Im Übrigen gelten die regelmäßigen Verjährungsfristen des § 78 StGB, z. B. fünf Jahre für einen sexuellen Übergriff und 20 Jahre für sexuelle Nötigung und Vergewaltigung.
Opferschutz im Sexualstrafrecht und Beweissicherung
Niemand hat das Recht, einen anderen Menschen zu sexuellen Handlungen zu zwingen. Die Verantwortung für eine Sexualstraftat liegt immer beim Täter.
Als Opfer sexualisierter Gewalt sollten Sie auf jeden Fall juristische und psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.
Sie finden Unterstützung beim Weißen Ring und anderen auf Opferhilfe spezialisierte Beratungsstellen. Auch Rechtsanwälte für Sexualstrafrecht stehen Opfern zur Seite.
Auch wenn Sie (vorerst) noch keine Anzeige erstatten wollen, ist es wichtig, Beweise sicherzustellen, um die Strafverfolgung zu einem späteren Zeitpunkt zu ermöglichen.
Diese Beweisführung ist bei einem Sexualdelikt von besonderer Bedeutung, weil es oft keine Zeugen für die Tat gibt und stattdessen Aussage gegen Aussage steht. Dadurch besteht die Gefahr, dass der Täter aus Mangel an Beweisen freigesprochen wird.
Eine Möglichkeit zur Beweissicherung ist die anonyme Spurensicherung nach einer Sexualstraftat. Bei dieser medizinischen Untersuchung werden die Spuren der Tat vertraulich und kostenfrei dokumentiert und gesichert. Das ist auch dann wichtig, wenn es keine sichtbaren Verletzungen gibt. Eine Anzeige ist dafür nicht erforderlich.
Opfer einer Sexualstraftat sollten die Unterstützung eines darauf spezialisierten Anwalts in Anspruch nehmen. So erhalten sie eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Beratung und können beispielsweise Nebenklage erheben oder Schmerzensgeld im Adhäsionsverfahren durchsetzen.
Wenn Aussage gegen Aussage steht
Wenn es Aussage gegen Aussage steht im Sexualstrafrecht, besteht die Gefahr, dass der (zu Recht) Angeklagte nicht verurteilt wird. Umgekehrt führt diese Situation aber auch nicht automatisch zu einem Freispruch. Wie das Urteil des Gerichts ausfällt, hängt davon ab, wem der Richter glaubt, ob er eher die Aussage des Angeklagten für glaubhaft hält – oder die des Opfers.
Diese Glaubhaftigkeit richtet sich z. B. nach folgenden Kriterien:
- Ist die Aussage klar oder sich widersprüchlich?
- Gibt es logische Denkfehler in der Aussage?
- Hat das Opfer eine Motivation, um falsch auszusagen?
- Ist die Aussage gegenüber früheren Aussagen konstant?
In einer solchen Situation sind medizinische und körperliche Untersuchungen des Opfers sowie andere forensische Beweise besonders wichtig, um die Sexualstraftat nachzuweisen.
Anwalt für Sexualstrafrecht einschalten
Ähnlich wie bei Mord und Totschlag wiegt der Vorwurf einer Sexualstraftat besonders schwer. Einerseits drohen dem Beschuldigten im Falle einer Verurteilung empfindliche Strafen.
Andererseits ist die öffentliche Verhandlung äußerst belastend und mit zahlreichen Schwierigkeiten im beruflichen und sozialen Umfeld verbunden.
Wer als Beschuldigter eine Vorladung der Polizei in Sachen Sexualstrafrecht erhält, sollte sich an eine spezialisierten Anwalt wenden. Ein Strafverteidiger hilft ihm, seine Rechte als Beschuldigter wahrzunehmen, und entwickelt eine passende Verteidigungsstrategie.
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